30.
Nov 2022

Wohnmobil-Manipulationen: Fiat-Rückrufe kommen vor Gericht

Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft sowie unabhängige Abgastests haben ergeben, dass viele Wohnmobile vom Dieselskandal betroffen sind. Zu Rückrufen dieser Fahrzeuge, die allesamt auf Basis des Fiat Ducato gebaut wurden, kam es bislang aber trotzdem nicht. Deshalb hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nun eine Klage gegen das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eingereicht.

Kraftfahrt-Bundesamt sieht sich nicht in der Pflicht

Bereits im Juni 2022 drohte die DUH wegen der ausbleibenden Rückrufe durch das KBA damit, die Behörde auf dem Klageweg zu einem amtlichen Rückruf zu zwingen. Zwar erhielten die betroffenen Fiat-Fahrzeuge die Typgenehmigung von den italienischen Behörden. Doch dank einer EU-Verordnung, die im September 2020 in Kraft getreten ist, darf das KBA mittlerweile auch Rückrufe für solche Fahrzeuge anordnen.

Die Flensburger Behörde sieht allerdings trotz der neuen Regelung keinen Handlungsbedarf. Stattdessen verweist das KBA darauf, dass es selbst auch einen überhöhten Abgasausstoß von Fiat Ducato-Modellen gemessen, diese Ergebnisse aber an die italienischen Behörden weitergegeben und damit seine Pflicht erfüllt habe.

Da diese Messungen vor Inkrafttreten der neuen EU-Regelung durchgeführt wurden, hält das KBA ausschließlich die italienischen Behörden in der Sache für zuständig. Diese wiederum bewerten die erteilten Typgenehmigungen weiterhin als zulässig – vermutlich um Fiat als einen der größten Arbeitgeber des südeuropäischen Landes zu schützen.

Fiat-Abgasskandal betrifft vor allem Wohnmobile

Tatsächlich ist es unstrittig, dass auch Fiat-Fahrzeuge vom Abgasskandal betroffen sind. Der Fiat 500x und der Fiat Doblò wurden deshalb sogar schon zurückgerufen. In Deutschland betrifft der Fiat-Abgasskandal allerdings vor allem den Kastenwagen Ducato und dieser ist eben bislang von keinem amtlichen Rückruf betroffen. Das hat vor allem für betroffene Fahrzeughalter negative Konsequenzen.

Die Manipulation des Ducato betrifft vordergründig die Camping-Szene, denn der italienische Kastenwagen wird bei knapp zwei Dritteln aller Wohnmobile in Deutschland als Basismodell verwendet. Unter anderem setzen namhafte Hersteller wie Hymer, Carthago oder Hobby auf den Transporter aus dem Hause Fiat.

Aufgrund der ausbleibenden Rückrufe verpesten die betroffenen Modelle allerdings weiterhin die Umwelt. Zudem wissen die Wohnmobilbesitzer in vielen Fällen gar nichts von den Manipulationen ihrer Camper. Das ist insofern ärgerlich, da nachweislich manipulierte Fahrzeuge unter anderem stark an Wert verlieren und zudem Folgeschäden erleiden können. Insofern wäre es gut, wenn die Besitzer der manipulierten Wohnmobile durch einen Rückruf über den Fiat-Abgasskandal informiert würden.

DUH-Klagen: EuGH-Urteil sorgt für Rückenwind

Dass die aktuelle DUH-Klage tatsächlich zu einem Rückruf der betroffenen Modelle führt, ist nicht unwahrscheinlich. Zuletzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der DUH in Bezug auf entsprechende Klagen den Rücken gestärkt, indem Europas oberste Zivilrichter die Klagebefugnis der DUH in der Sache bestätigten. Darüber hinaus definierten die EuGH-Richter hohe Hürden für die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung, denen auch die von Fiat verwendete Manipulationssoftware nicht gerecht wird.

Das Schleswig-Holsteiner Verwaltungsgericht muss nun entscheiden, ob das KBA in der Sache tatsächlich handeln muss. Ein Entsprechendes Urteil könnte bereits im kommenden Jahr verkündet werden. Sollte das KBA die betroffenen Fahrzeuge dann zurückrufen, müsste Fiat im nächsten Schritt für eine Normalisierung der Abgasreinigung dieser Autos sorgen. Ansonsten müssen diese nämlich stillgelegt werden. Ob und unter welchen Bedingungen Fiat dazu in der Lage ist, ist momentan unklar.

Schadensersatzansprüche bestehen

Für betroffene Fahrzeughalter bietet sich spätestens im Anschluss an einen amtlichen Rückruf die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche in der Sache durchzusetzen. Schließlich hätten diese ihre Wohnmobile wohl nicht oder zumindest nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn sie zum Kaufzeitpunkt bereits von den Manipulationen gewusst hätten.

Daher besteht grundsätzlich die Option, den verantwortlichen Hersteller juristisch zur Rücknahme des jeweiligen Fahrzeugs zu bringen. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das manipulierte Wohnmobil zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

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