20.
Nov 2023

Das müssen Wohnmobil-Besitzer über die anstehende BGH-Verhandlung zum Dieselskandal wissen

In der kommenden Woche werden sich Deutschlands oberste Zivilrichter erstmals im Rahmen einer mündlichen Verhandlung mit Schadensersatzansprüchen im Wohnmobil-Abgasskandal befassen. Noch in diesem Jahr wird eine Grundsatzentscheidung in der Sache erwartet. Was bedeutet das für betroffene Wohnmobil-Besitzer?

Das sind die Hintergründe des Verfahrens

In dem BGH-Verfahren geht es um ein Wohnmobil der Marke Sunlight, das auf Basis eines Fiat Ducato gebaut und unter der Umweltnorm Euro 6 zugelassen wurde. Der Kläger hatte das Diesel-Fahrzeug im April 2018 für 52.300 Euro gekauft und weitere 5.483,03 Euro für die Finanzierung des Fahrzeugs aufgewendet.

Im Sommer 2020 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Frankfurt nach mehreren Razzien in Geschäftsgebäuden von Fiat eine Pressemitteilung, in der die Frankfurter Ermittler über illegale Abschalteinrichtungen in mehr als 200.000 Fiat-Fahrzeugen in Deutschland berichteten, darunter zahlreiche Wohnmobile. Als der Kläger erfuhr, dass wohl auch die Abgasreinigung seines Fahrzeugs illegal manipuliert wurde, ging er juristisch gegen Fiat vor und forderte Schadensersatz.

Der Mann verklagte Fiat wegen vorsätzlicher Schädigung auf die Rückabwicklung seines Fahrzeugs, scheiterte mit dieser Klage jedoch im Jahr 2022 am Landgericht Bayreuth und dem Oberlandesgericht Bamberg. Im März dieses Jahres senkten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) allerdings die Hürden für erfolgreiche Schadensersatzklagen im Abgasskandal und entschieden, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal selbst bei einer fahrlässigen Schädigung bestehen. Die BGH-Richter müssen nun prüfen, welche Folgen sich daraus für den Wohnmobil-Abgasskandal ergeben.

Deutsche Zivilgerichte sprechen Wohnmobil-Besitzern vielfach Schadensersatz zu

An deutschen Land- und Oberlandesgerichten hat sich nach der BGH-Entscheidung zur fahrlässigen Schädigung im Abgasskandal bereits eine Trendwende in Bezug auf Schadensersatzansprüche von Wohnmobil-Besitzern abgezeichnet. Während es bis zu diesem Zeitpunkt nur wenig verbraucherfreundliche Entscheidungen in der Sache gab, kamen mittlerweile zahlreiche dazu.

Vor wenigen Wochen erwirkte das Team von Goldenstein Rechtsanwälte am Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sogar das erste rechtskräftige OLG-Urteil im Wohnmobil-Abgasskandal. Die Koblenzer Richter sprachen dem Mandanten von Goldenstein Rechtsanwälte eine Entschädigung in Höhe von zehn Prozent seines ursprünglich gezahlten Kaufpreises zu. Es ist möglich, dass sich auch die BGH-Richter in diese Richtung positionieren werden.

Wohnmobil-Abgasskandal: Verjährung von Rechtsansprüchen droht

Generell ist allerdings noch unklar, ob die BGH-Richter dem Kläger sofort Schadensersatz zusprechen oder das Verfahren zunächst noch einmal an das zuständige Oberlandesgericht zurückverweisen, wo dann über die Höhe der fälligen Entschädigung entschieden werden muss. Wie es auch kommt: Wichtig ist vor allem, dass eine Entscheidung der BGH-Richter noch in diesem Jahr verkündet wird. Das ist vor allem deshalb relevant, weil zum 01. Januar 2024 bereits die Verjährung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Wohnmobil-Abgasskandal droht.

Die Verjährungsfrist von zivilrechtlichen Ansprüchen beträgt nämlich drei Jahre zum Jahresende ab dem Zeitpunkt, an dem ein Schadensfall bekannt wurde. Da die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Öffentlichkeit im Jahr 2020 im Rahmen einer Pressemitteilung über den Wohnmobil-Abgasskandal informierte, könnten Richter im schlimmsten Fall argumentieren, dass betroffene Fahrzeughalter bereits durch diese Pressemitteilung von der Manipulation ihres Wohnmobils hätten erfahren müssen.

Wer bislang noch keine Rechtsansprüche im Wohnmobil-Abgasskandal durchgesetzt hatte, sollte daher bestmöglich noch in diesem Jahr eine Klage einreichen, um eine mögliche Verjährung bestehender Entschädigungsansprüche zu vermeiden. Nach dem Eintritt der Verjährung ist es nämlich deutlich komplexer bzw. teilweise sogar unmöglich, Rechtsansprüche im Abgasskandal erfolgreich durchzusetzen.

Diese rechtlichen Möglichkeiten haben betroffene Fahrzeughalter

Im Rahmen einer Schadensersatzklage können die Halter von illegal manipulierten Wohnmobilen juristisch gegen den verantwortlichen Motorenhersteller – also Fiat bzw. dessen Mutterkonzern Stellantis – vorgehen. Die Unternehmen, die die Fiat-Fahrzeuge zu Wohnmobilen ausgebaut haben, müssen sich hingegen nicht deswegen verantworten. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass Wohnmobil-Hersteller wie Hymer, Carthago oder Dethleffs von den illegalen Manipulationen wussten.

Grundsätzlich besteht wegen des Abgasskandals die Möglichkeit, das eigene Fahrzeug an den verantwortlichen Fahrzeughersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Wohnmobil zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrags des eigentlichen Kaufpreises durchzusetzen. Selbst für bereits verkaufte Fahrzeuge können teilweise Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Sollte ein Verfahren unerwarteterweise verloren gehen, übernimmt der Prozesskostenfinanzierer hingegen sämtliche Verfahrenskosten und sogar die Anwaltskosten der Gegenseite. Die Kläger müssen in diesem Fall keinen Cent bezahlen.

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