29.
Apr 2021

BGH-Hinweisbeschluss – Gutachter untersuchen Abgaswerte von Mercedes-Fahrzeugen

Vor etwas mehr als einem Jahr gab der Bundesgerichtshof (BGH) In einem Hinweisbeschluss bekannt, dass deutsche Gerichte Sachverständigengutachten einholen lassen sollten, um den Einbau von Abschalteinrichtungen in Autos von Mercedes-Benz zu prüfen. Zuvor hatten einige Gerichte nämlich blind auf die Aussagen von Daimler vertraut, dass der Konzern Mercedes-Fahrzeuge nicht manipuliert habe. Bereits fertiggestellte Gutachten belegen den Daimler-Dieselskandal nun eindeutig.

Daimler-Abschalteinrichtung funktioniert über Außen- und Kühlmittelsolltemperatur

So entdeckten die Sachverständigen unter anderem, dass die geprüften Mercedes-Autos ihre Abgasreinigung entsprechend der Außentemperatur anpassen. Bereits zuvor war allerdings weitgehend klar, dass Daimler diese sogenannten Thermofenster verbaut hat. Eine neue und sehr wichtige Erkenntnis der Gutachten ist jedoch, dass die betroffenen Fahrzeuge ihren Schadstoffausstoß darüber hinaus auch über eine veränderte Kühlmittelsolltemperatur anpassen, wenn sie eine Testsituation erkennen.

Konkret fahren die betroffenen Fahrzeuge die Kühlmittelsolltemperatur in diesem Moment von 100 auf 70 Grad Celsius herunter. Dies führt zu einem deutlich geringeren Stickoxid-Ausstoß und war wohl auch ein Hauptgrund dafür, dass die Fahrzeuge die Zulassung erhielten. Tatsächlich stoßen sie im normalen Straßenbetrieb aber unerlaubt viele Schadstoffe aus. Das liegt daran, dass die Temperatur dann nämlich auf 100 Grad und damit auch der Schadstoffausstoß auf ein unerlaubt hohes Niveau ansteigt.

Daimler verwendete insgesamt fünf verschiedene Manipulationstechniken

Dass eine solche Abschalteinrichtung illegal ist, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2020 eindeutig bestimmt. Tatsächlich hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) diese Form der Abgasreinigung auch bereits entdeckt und daraufhin Rückrufe der betroffenen Mercedes-Modelle veranlasst. Das Verkehrsministerium – die Dachinstitution des KBA – gab zuletzt sogar bekannt, dass insgesamt fünf verschiedene Abschalteinrichtungen in Mercedes-Fahrzeugen entdeckt wurden.

Neben den Auswirkungen der Außen- und Kühlmittelsolltemperatur auf die Abgasreinigung entdeckte das KBA unter anderem, dass einige Mercedes-Autos die Abgasnachbehandlung per SCR-Katalysator ausschließlich unter Prüfbedingungen in einem effektiven Modus durchführen. Nach dem Ablauf des Prüfzyklus sowie dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse schalten die PKW jedoch dauerhaft in einen weniger effektiven Modus und stoßen mehr Schadstoffe aus als eigentlich erlaubt wäre. Auch das ist selbstverständlich illegal.

 

Verbraucheranwalt: Daimlers Kartenhaus fällt zusammen – Rechtsansprüche bestehen

“Jahrelang hat Daimler versucht, dass möglichst wenig Details im Abgasskandal an die Öffentlichkeit geraten. Der Konzern wollte immer wieder unterbinden, dass seine betroffenen Kunden über das eigentliche Ausmaß dieses Betruges vollständig Kenntnis erlangen. Nun fällt das aufgebaute Kartenhaus allerdings nach und nach in sich zusammen, denn die Ergebnisse der unabhängigen Sachverständigengutachten sowie der Abgastests des KBA kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: Daimler hat allein in Deutschland Hunderttausende Fahrzeuge illegal manipuliert.

Wir von Goldenstein Rechtsanwälte raten betroffenen Haltern daher, sich in jedem Fall rechtlich beraten zu lassen. Der Abgasskandal hat zu enormen Wertverlusten geführt und die manipulierten Fahrzeuge sind grundsätzlich einem ständigen Stilllegungsrisiko ausgesetzt. Deshalb haben betroffene PKW-Besitzer gültige Schadensersatzansprüche”, erklärt Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein.

Diese Fahrzeuge sind vom Daimler-Dieselskandal betroffen

Bislang ist bekannt, dass Mercedes-Motoren mit den Bezeichnungen OM607, OM622, OM626, OM640, OM642 und OM651 manipuliert wurden. Die Vier- bzw. Sechszylindermotoren wurden in beinahe sämtlichen Fahrzeugklassen der Diesel-Fabrikate verbaut. Dies betrifft die A-, B-, C-, E,- G-, R-, S- und V-Klasse sowie die Modellreihen CLA, CLS, GLC, GLE, GLK, GLS, Marco Polo, ML, SLC, SLK, Sprinter, Vito, Vito Tourer und Viano.

Vom Abgasskandal betroffene Mercedes-Besitzer haben die Möglichkeit, ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammensetzt. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger ab dem Tag der Klage-Einreichung Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

Alternativ besteht die Option, das manipulierte Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. In diesem Fall lassen sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form von Schadensersatz durchsetzen.

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