19.
Feb 2021

BGH-Verhandlung zum VW Software-Update abgesagt

Eigentlich wollten sich die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Montag mit der Zulässigkeit des Software-Updates von VW befassen. Nun gab der BGH allerdings spontan bekannt, dass das Verfahren abgesagt wurde. Der Kläger hat seine Revision zurückgezogen. Woran das liegt, ist bislang unklar. Fest steht aber: Der BGH wird sich dennoch mit der Legalität des Software-Updates auseinandersetzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Gericht ein ähnliches Verfahren zeitnah terminieren wird.

 

Enthält das Software-Update von VW eine illegale Abschalteinrichtung?

Eigentlich sollte das Software-Update die Abgasreinigung von manipulierten VW-Fahrzeugen normalisieren. Unabhängige Gutachten ergaben jedoch, dass auch die upgedateten Fahrzeuge die vorgeschriebenen Schadstoff-Grenzwerte nur bei Temperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius einhielten. Diese Form der Abschalteinrichtung wird als sogenanntes Thermofenster bezeichnet.

Der BGH muss nun klären, ob sich VW bei der Entwicklung des Software-Updates ebenfalls sittenwidrig verhalten und seine betroffenen Kunden abermals getäuscht hat. Wie sich die obersten Richter Deutschlands positionieren werden, scheint bislang ergebnisoffen.

Im Dezember 2020 gab der Europäische Gerichtshof (EuGH) bekannt, dass Thermofenster per Definition illegale Abschalteinrichtungen sind. Doch zuletzt veröffentlichten die BGH-Richter im Rahmen eines Zurückweisungsbeschlusses die Information, dass der Einbau von Thermofenstern allein nicht ausreicht, um den Tatbestand einer sittenwidrigen Handlung zu beweisen. Die verantwortliche Klägerseite muss also belegen, dass sich VW auch bei der Entwicklung des Software-Updates bewusst illegal verhalten hat.

 

Verkehrsministerium könnte für Manipulationen von VW haftbar gemacht werden

Sollte der BGH das Software-Update als illegal bewerten, würde das Thema Abgasskandal für VW von vorn beginnen, denn die PKW hätten nach der Installation des Updates nicht wieder zugelassen werden dürfen. Allein in Deutschland müssten 2,5 Millionen Fahrzeuge erneut zurückgerufen werden. Den Haltern der manipulierten PKW drohen in diesem Fall enorme Wertverluste, Fahrverbote und sogar die Stilllegung der manipulierten Autos.

Gleichzeitig könnten die betroffenen Verbraucher Entschädigungsforderungen in Milliardenhöhe geltend machen – unabhängig davon, wann sie ihren PKW gekauft haben. Auch die eingetretene Verjährung im VW-Abgasskandal wäre plötzlich nichtig.

Zudem müsste geprüft werden, ob das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) über diesen Betrug Bescheid wusste. Die Behörde hat das Update immerhin geprüft und genehmigt. VW gab im Rahmen des EuGH-Urteils zum Thermofenster an, diese Form der Abschalteinrichtung während des Zulassungsprozesses offen kommuniziert zu haben. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, könnte das Bundesverkehrsministerium als Dach-Institution des KBA in der Sache haftbar gemacht werden. Insofern wird ein höchstrichterliches Urteil in der Sache mit Spannung erwartet.

 

Weiteres BGH-Verfahren am Montag findet statt

Auf das weitere Dieselskandal-Verfahren am Montag hat die Terminabsage keinen Einfluss. Um 12 Uhr befassen sich die BGH-Richter mit der Klage eines Audi-Halters, der ein Fahrzeug mit dem nachweislich manipulierten VW-Motor EA 189 besitzt. Er hat Audi zur Rücknahme des PKW aufgefordert und im Gegenzug Schadensersatz gefordert. Audi argumentiert jedoch, dass VW in der Sache haftbar gemacht werden müsse, da der manipulierte Motor von der Konzernmutter entwickelt wurde. Das Landgericht Halle und das Oberlandesgericht Naumburg bewerteten dies jedoch anders: Die Gerichte sprachen dem Kläger in den Vorinstanzen Schadensersatz zu. Nun muss der BGH endgültig Klarheit in der Sache schaffen.

 

Diese Rechte haben betroffene Verbraucher

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter haben die Möglichkeit, ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammensetzt. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger ab dem Tag der Klage-Einreichung Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

Alternativ besteht auch die Option, das manipulierte Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. In diesem Fall lässt sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form von Schadensersatz durchsetzen.

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