21.
Apr 2021

Deutsche Umwelthilfe stellt noch immer Abgas-Manipulationen fest

2015 wurde der Abgasskandal aufgedeckt. Heute – so sollte man meinen – erfüllen sämtliche Fahrzeuge in Deutschland die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien im Test- und auch im Normalbetrieb. Tatsächlich stellte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aktuell allerdings fest, dass dies auch im Jahr 2021 noch immer nicht der Fall ist.

Autos von mehreren Herstellern überschritten die Abgas-Grenzwerte

Die Umweltorganisation ließ den Abgasausstoß mehrerer Fahrzeuge mit den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 in ihrem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) messen. Die Ergebnisse sind schockierend: PKW-Modelle von Audi, Land Rover, Mercedes-Benz, Seat, Skoda, Volvo und VW überschritten die vorgeschriebenen Stickoxid-Grenzwerte um ein Vielfaches und hätten eigentlich nie zugelassen werden dürfen.

Der Stickoxid-Ausstoß eines Volvo XC60 D5 AWD der Abgasnorm Euro 6 war beispielsweise mehr als 18-mal so hoch wie erlaubt. Auch ein Audi 5 3.0 TDI Sportback, ein Land Rover Range Rover Evoque eD4, ein Mercedes-Benz C 220 d und ein VW T5 2.0 TDI California fielen durch einen besonders hohen Schadstoffausstoß auf.

Dies gilt unter anderem auch für einen Skoda Octavia und einen VW Golf, die mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 angetrieben werden. Das ist der Nachfolgemotor des VW-Motors EA 189, der als erster nachweislich manipulierter Dieselmotor in die Geschichtsbücher einging.

Thermofenster sind für Umweltverschmutzung verantwortlich

Für den unerlaubt hohen Schadstoffausstoß seien laut Deutscher Umwelthilfe vor allem Thermofenster verantwortlich. Hinter dieser Begrifflichkeit verbirgt sich eine Abschalteinrichtung, die nur bei bestimmten Temperaturen für eine gesetzeskonforme Abgasreinigung sorgt.

Die Motorenentwickler haben sich diesbezüglich die ähnlich hohen Temperaturen während offizieller Zulassungstests zu Nutze gemacht. Dadurch erfüllen die manipulierten PKW die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien während amtlicher Tests, obwohl sie bei einer Außentemperatur von unter 15 oder über 30 Grad Celsius unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen. Nur so konnten die Fahrzeuge zugelassen werden.

EuGH bewertet Thermofenster als illegal

Dass Thermofenster auch heute noch in europäischen Fahrzeugen Verwendung finden, ist höchst fraglich. Im Dezember 2020 bewerteten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen nämlich als illegal, sofern der Schadstoffausstoß dadurch im normalen Straßenbetrieb über den Werten auf dem Prüfstand liegt.

In ihrem Urteil hoben die Richter die Verwendung von Thermofenstern explizit hervor. Demnach seien diese nur dann zu rechtfertigen, wenn die Fahrzeuge ansonsten unmittelbare Motorenschäden erleiden würden oder z.B. die Lenkung ausfallen würde. Tatsächlich schützen Thermofenster allerdings höchstens vor dem Verschleiß der betroffenen PKW. Das ist illegal.

Schützt das deutsche Verkehrsministerium die Automobilindustrie?

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass das deutsche Verkehrsministerium viele Fahrzeuge mit eingebauten Thermofenstern trotz des EuGH-Urteils bislang nicht zurückgerufen hat. Dies führt dazu, dass die PKW die Umwelt weiterhin verschmutzen und die betroffenen Halter teilweise nicht über die Manipulationen ihres Fahrzeugs informiert werden.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert dies wie folgt:
„Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hält weiter seine schützende Hand über die mit den Regierungsparteien vielfältig verbundenen und diese zum Teil kontrollierenden Dieselkonzerne. Ich erwarte von einem Bundesverkehrsminister, dass er rechtskräftige Gerichtsurteile respektiert und umsetzt – sei es durch die Anordnung amtlicher Rückrufe zur Beseitigung jeglicher Betrugssoftware bei Dieselfahrzeugen oder durch die vollständige und ungeschwärzte Offenlegung der Dieselgate- und CO2-Betrugs-Akten.“

Neue Testverfahren führen zu sauberen Autos

Dass es möglich ist, die strengen EU-Umweltrichtlinien zu erfüllen, zeigen die Abgastests bei neueren Diesel-Modellen. Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 6d unterschritten die zulässigen Schadstoff-Grenzwerte nämlich sogar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ein neues EU-Zulassungsverfahren die Fahrzeug-Manipulation erschwert.

Seit der Norm Euro 6d-temp werden die Abgaswerte von Neufahrzeugen nämlich nicht nur im Labor, sondern auch auf der Straße geprüft. Dies hat die Automobilhersteller dazu veranlasst, teurere Abgasreinigungssysteme zu integrieren, die aber tatsächlich funktionieren.

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. In dem Fall setzt sich die jeweilige Entschädigungssumme aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. Auf diesem Weg lassen sich etwa 20-25 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form einer finanziellen Entschädigung durchsetzen.

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