15.
Okt 2021

Hilft der Diesel-Prozess gegen VW-Manager betroffenen Verbrauchern?

Seit knapp einem Monat läuft nun der Dieselskandal-Prozess gegen mehrere Ex-VW-Manager. Am Landgericht (LG) Braunschweig soll unter anderem herausgefunden werden, ob und wann auch die Führungskräfte im VW-Konzern von den Fahrzeug-Manipulationen erfahren haben. Das Verfahren soll dazu beitragen, den VW-Abgasskandal endlich weitgehend aufklären zu können. Doch welche Bedeutung hat der Manager-Prozess für die betroffenen Halter manipulierter Autos?

Zivilrechtliche Situation ist bereits klar: Es bestehen Schadensersatzansprüche

Auf die Schadensersatz-Klagen von VW-Besitzern wird das Manager-Verfahren keinen Einfluss haben. Während sich die Verhandlungen am Landgericht Braunschweig noch mindestens bis zum Sommer 2023 ziehen werden, hat die Kanzlei Goldenstein bereits im Mai 2020 ein zivilrechtliches Grundsatzurteil am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe erwirkt. Demnach haben die Halter von manipulierten VW-Fahrzeugen Anspruch auf Schadensersatz.

Betroffene Verbraucher können ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben, um eine Entschädigung zu erhalten, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ bestehen zudem die Möglichkeiten, das Abgasskandal-Auto zu behalten und sich einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu sichern. In jedem Fall ergibt es für die Halter manipulierter Autos Sinn, sich bezüglich der eigenen Rechtsansprüche beraten zu lassen.

Den Angeklagten drohen bis zu zehn Jahren Haft

Unabhängig von der zivilrechtlichen Situation dürfte es aber auch für einige Verbraucher spannend sein, wie das Manager-Verfahren ausgeht. Ob sich dadurch jedoch sämtliche offenen Fragen im Rahmen des VW-Abgasskandals klären lassen, ist mehr als fraglich. Bereits im Vorfeld tat Volkswagen nämlich alles, damit möglichst wenig Informationen in der Sache an die Öffentlichkeit geraten und verweigerte der Staatsanwaltschaft beispielsweise Zugriff auf die unternehmensinternen Ermittlungsakten zum Abgasskandal.

Immerhin: Die angeklagten Ex-Manager hüllen sich nicht in Schweigen. Das liegt möglicherweise auch daran, dass ihnen im schlimmsten Fall jeweils bis zu zehn Jahren Haft drohen. Der Tatvorwurf – gewerbs- und bandenmäßiger Betrug in einem besonders schweren Fall – ist schließlich sicherlich kein Kavaliersdelikt. Sicherlich sind alle Angeklagten daher daran interessiert, den eigenen Hals sprichwörtlich aus der Schlinge zu ziehen.

Schwere Vorwürfe gegen Neußler und Winterkorn

Vor diesem Hintergrund hat ein Angeklagter beispielsweise schon schwere Anschuldigungen gegen die Ex-VW-Vorstandsmitglieder Heinz-Jakob Neußer und Martin Winterkorn erhoben. Beide sollen bereits frühzeitig mehrfach über Abgas-Tricksereien informiert worden sein. Das ist insofern spannend, da Winterkorn vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss im deutschen Bundestag angab, erst im September 2015 von den Manipulationen erfahren zu haben.

Während Neußer bereits kurzfristig zu diesen Vorwürfen Stellung beziehen muss, bleibt dies Martin Winterkorn vorerst erspart. Der Ex-VW-Chef musste sich kürzlich einer Hüft-Operation unterziehen, weshalb sein Verfahren von dem aktuellen Prozess abgetrennt wurde. Dementsprechend ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich Winterkorn möglicherweise erst 2024 vor Gericht verantworten muss, also neun Jahre nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals.

Ob der 74-Jährige dann noch rechtskräftig verurteilt werden kann, ist unklar. Bereits jetzt reichen Winterkorns Anwälte regelmäßig medizinische Gutachten ein, die den schlechten Gesundheitszustand des Ex-VW-Chefs belegen sollen. Ein weiterer Grund, weshalb der VW-Abgasskandal möglicherweise nie vollständig aufgeklärt werden kann.

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