03.
Mrz 2021

Feldmaßnahme 23CY: Vorsicht vor freiwilligen Software-Updates

Der Volkswagen-Konzern reagierte Ende 2020 auf das verbraucherfreundliche Abgasskandal-Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) und schickte an zahlreichen Audi-, Seat-, Skoda- und VW-Halter ein Angebot für ein freiwilliges Software-Update, getarnt als “Feldmaßnahme 23CY”. Betroffene PKW-Besitzer sollten das Angebot jedoch nicht annehmen, denn es drohen schwerwiegende Fahrzeugschäden.

Software-Update wegen Problemen bei der Abgasreinigung – Dieselskandal 2.0?

Das Angebot für die Installation des Software-Updates erhielten Halter von Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 288. Dieser wurde seit 2012 in zahlreichen Modellen von Audi, Seat, Skoda und VW verbaut und ist der Nachfolgemotor des nachweislich manipulierten VW-Motors mit der Bezeichnung EA 189.

Im Rahmen der “Feldmaßnahme 23CY” soll die Software des Motorsteuergerätes der jeweiligen Automobile aktualisiert werden, da es zu einer Fehlererkennung im SCR-System kommt. Dieses System dient der Reduktion von Stickoxiden im Motor. Insofern liegt es nahe, dass die Abgasreinigung der betroffenen Fahrzeuge nicht korrekt funktioniert. Im Klartext: Die PKW wurden höchstwahrscheinlich illegal manipuliert und sind ebenfalls vom Abgasskandal betroffen.

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Razzia wegen EA 288-Motor

Der Motor EA 288 steht bereits seit Längerem unter Manipulationsverdacht. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ließ deshalb sogar mehrere Geschäftsräume von VW durchsuchen. Interne VW-Dokumente sollen die Manipulationen belegen. Demnach wurden die Bordcomputer der betroffenen Fahrzeuge dahingehend manipuliert, dass diese eine Fehlfunktion der Abgasreinigung nicht korrekt anzeigen. Dadurch steigt der Abgasausstoß enorm an, wodurch die Fahrzeuge die vorgeschriebenen EU-Grenzwerten nicht länger einhalten.

Die Tagesschau berichtete bereits vor Monaten, dass interne KBA-Dokumente eindeutig belegen, dass die Bordcomputer selbst bei einem unerlaubt hohen Stickoxide-Ausstoß keinen Fehler melden würde.

Das müssen PKW-Halter über freiwillige Software-Updates wissen

Die Vermutung liegt nahe, dass Volkswagen mit den freiwilligen Updates einen zweiten Abgasskandal vertuschen, offiziellen Rückrufen zuvorkommen und den eigenen Imageschaden in Grenzen halten will. Nach der Durchführung eines freiwilligen Software-Updates muss der Autobauer betroffene Halter nämlich selbst bei einem offiziellen Rückruf ihres Fahrzeugs nicht mehr über die Mängel informieren, da diese mutmaßlich schon beseitigt wurden. Heißt: Der Autohersteller hat die volle Kontrolle und kann so möglicherweise auch Schadensersatzforderungen verhindern.

Ein Software-Update ist jedoch kein harmloser Eingriff: Im Rahmen des Dieselskandals wurden weltweit bei mehreren Millionen Fahrzeugen diverse freiwillige und verpflichtende Software-Updates installiert. Nicht wenige Fahrzeughalter klagten im Anschluss über Motorstörungen sowie einen erhöhten Kraftstoff- und AdBlue-Verbrauch. Oft treten Folgeschäden am Fahrzeug zudem erst nach mehreren Monaten oder Jahren auf.

Daher sollten Autobesitzer einem Software-Update nur zustimmen, wenn sie dazu aufgrund eines Rückrufs dazu verpflichtet wurden. Ansonsten könnten Folgeschäden zu hohen Kosten führen. Die jeweiligen Autobauer führen Reparaturen nach einem Software-Update nämlich nur dann kostenfrei durch, wenn der Besitzer den Zusammenhang zwischen Schaden und Update direkt beweisen kann. Das ist in der Praxis jedoch kaum machbar.

Verbraucheranwalt rät: Software-Update ablehnen und Rechtslage prüfen

“Wir von der Kanzlei Goldenstein vertreten bereits mehr als 24.600 Mandanten im Abgasskandal und wissen, dass zahlreiche Autobauer ihre Kunden teilweise sogar mit Wertgutscheinen zur Durchführung eines Software-Updates motivieren wollen. Doch ein Software-Update sollte nur durchgeführt werden, wenn dies wegen eines offiziellen Rückrufs angeordnet wurde. Andernfalls ist die Installation des Updates auch keinesfalls verpflichtend.

In diesem Fall wirkt es definitiv so, als wolle VW den nächsten Abgasskandal verheimlichen. Tatsächlich wurde VW schon mehrfach von deutschen Gerichten wegen der Manipulation von Fahrzeugen mit dem EA 288-Motor verurteilt und wir gehen davon aus, dass diese Rechtsprechung zeitnah deutschlandweit einheitlich ausfallen wird. Im Dezember 2020 verkündeten die Richter am Europäischen Gerichtshof nämlich, dass im Prinzip jede Abschalteinrichtung in Fahrzeugen illegal ist – also auch die in EA 288-Fahrzeugen.

Wir raten betroffenen Haltern dazu, sich schnellstmöglich bezüglich ihrer Rechte zu informieren und stehen diesbezüglich für eine kostenfreie Beratung zur Verfügung”, sagt Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber von Goldenstein Rechtsanwälte.

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Alternativ besteht oftmals auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten.

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