07.
Sep 2021

Gericht lässt neue Anklage gegen Ex-VW-Chef Winterkorn zu

Martin Winterkorn leitete Volkswagen zwischen 2009 und 2015. In dieser Zeit verkaufte der Wolfsburger Konzern weltweit mehrere Millionen illegal manipulierte Autos. Vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss im deutschen Bundestag gab Winterkorn allerdings an, erst im September 2015 von den Manipulationen erfahren zu haben. Das bezweifelt die Berliner Staatsanwaltschaft jedoch. Das Landgericht (LG) Braunschweig ließ deshalb nun eine Anklage wegen Falschaussage zu.

Wann wusste Winterkorn von dem Abgasskandal?

Die Berliner Ermittler sollen Beweise zusammengetragen haben, die belegen, dass Winterkorn mindestens schon im Mai 2015 von dem VW-Abgasskandal erfahren hat. Die Braunschweiger Richter halten diese Beweise offensichtlich für glaubwürdig, denn sonst hätten sie die Anklage nicht zugelassen. Das neue Verfahren soll mit mehreren Prozessen gegen den 74-Jährigen zusammengelegt werden.

Neben Falschaussage soll sich Winterkorn nämlich eigentlich ab dem 16. September wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs vor dem Braunschweiger Gericht verantworten. Das Verfahren, das für insgesamt 133 Verhandlungstermine angesetzt ist, wird jedoch vermutlich ohne den Ex-Top-Manager starten.

Winterkorn muss sich einer Hüft-Operation unterziehen, die unaufschiebbar sei. Vermutlich wird das Verfahren deshalb zunächst nur gegen Winterkorns Mitangeklagte gestartet, während der 74-Jährige sich erst später vor Gericht verantworten muss. Im schlimmsten Fall könnte er zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden.

Ex-Audi-Chef Stadler seit September 2020 vor Gericht

Winterkorn ist nicht der einzige Top-Manager aus dem VW-Konzern, dem eine harte Strafe wegen des Abgasskandals droht. Der ehemalige Audi-Chef, Rupert Stadler, muss sich bereits seit dem 30. September 2020 vor Gericht verantworten. Es ist der erste Dieselskandal-Prozess gegen Führungspersönlichkeiten aus dem VW-Konzern.

Neben Stadler sind mehrere Ex-Führungskräfte der Volkswagen-Tochter Audi angeklagt. Zwei von ihnen sind ehemalige Techniker, die Stadler bereits im Vorfeld belastet haben. So seien die Fahrzeug-Manipulationen von der Konzernspitze aus diktiert worden. An den bisherigen 69 Verhandlungstagen konnte jedoch nicht geklärt werden, wer den Abgasskandal bei Audi anordnete. Das Verfahren wird allerdings noch mehr als ein Jahr laufen.

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal

Für die Schadensersatzansprüche von Haltern manipulierter Autos haben die Verfahren gegen die Ex-VW-Manager keinen Einfluss. Diesbezüglich herrscht dank eines Grundsatzurteils der Kanzlei Goldenstein bereits Rechtssicherheit in Deutschland.

Die Richter am Bundesgerichtshof entschieden im Mai 2020, dass sich VW im Zuge der Abgas-Manipulationen sittenwidrig verhielt. Da die geschädigten Kunden ihre Abgasskandal-Autos nicht gekauft hätten, wenn sie von dem Betrug gewusst hätten, können sie Entschädigungsansprüche geltend machen. Diese Entscheidung lässt sich grundsätzlich auch auf die manipulierten Autos anderer Hersteller übertragen.

So können betroffene PKW-Besitzer ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben, um eine Entschädigung zu erhalten, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ bestehen zudem die Möglichkeiten, das Abgasskandal-Auto zu behalten und sich einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu sichern oder sogar den Anspruch auf ein neues Ersatzfahrzeug durchzusetzen.

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