12.
Mrz 2021

Noch immer keine amtlichen Rückrufe wegen Wohnmobil-Dieselskandal

In Deutschland wurde der Fiat-Konzern wegen des Abgasskandals bereits zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Doch noch immer haben die zuständigen italienischen Behörden keine Rückrufe von manipulierten Wohnmobilen mit Motoren von Fiat und Iveco angeordnet. Das führt dazu, dass viele Halter von betroffenen Fahrzeugen gar nicht wissen, dass auch ihr Wohnmobil Teil des Abgasskandals ist und jederzeit stillgelegt werden könnte. Schützen die Behörden Fiat bewusst?

So funktioniert der Zulassungsprozess von Automobilen in der EU

Jedes Land der Europäischen Behörden hat eine Institution, die für die Zulassung von Fahrzeugen zuständig ist. In Deutschland ist das das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Das KBA prüft beispielsweise VW-, BMW- und Mercedes-Benz-Fahrzeuge auf ihre Straßentauglichkeit. Die italienischen Behörden sind hingegen für die Zulassung von Fiat-Fahrzeugen zuständig. Generell gilt: Sobald ein Fahrzeug in einem EU-Land die Zulassungsbescheinigung erhalten hat, darf es in der gesamten Wirtschaftsunion verkauft werden.

Sollten nach der Zulassung Probleme entdeckt werden, ist die jeweilige Behörde aber auch für entsprechende Rückrufaktionen zuständig. So hat das Kraftfahrt-Bundesamt beispielsweise europaweit rund 1,4 Millionen Mercedes-Benz-Fahrzeuge wegen des Abgasskandals zurückgerufen. Auch die italienischen Behörden wären eigentlich in der Pflicht, manipulierte Fiat- und Iveco-Fahrzeuge zurückzurufen. Doch bislang ist in der Sache nichts passiert.

KBA informierte italienischen Behörden schon vor Jahren über Fiat-Abgasskandal

Tatsächlich wissen die Italiener bereits seit 2016, dass auch Motoren von Fiat- und Iveco-Fahrzeugen illegal manipuliert wurden. Diese Information leitete das Kraftfahrt-Bundesamt an die Italiener weiter. Zuvor hatte Bosch der deutschen Behörde nämlich gestanden, auch an den Fiat-Konzern Motor- und Dosiersteuergeräte geliefert zu haben, mit deren Software der Konzern den Schadstoffausstoß seiner Diesel-Fahrzeuge manipulierte.

Dass die italienischen Behörden dennoch bis heute keine Rückrufe angeordnet haben, ist höchstwahrscheinlich ein Kalkül. Fiat zählt nämlich zu den größten Arbeitgebern in Italien. Ein Betrug dieses Ausmaßes würde den Konzern jedoch massiv schaden. In den USA musste Fiat wegen des Abgasskandals beispielsweise bereits 700 Millionen Dollar aufbringen. Auch in Europa sind Straf- und Entschädigungszahlungen die logische Konsequenz eines solchen Betruges.

Auch ein Großkonzern steht jedoch nicht über dem Gesetz. Deshalb ermittelt die EU-Kommission bereits länger wegen der ausbleibenden Rückrufe gegen Italien. Das Exekutivorgan der Europäischen Union gab Ende 2020 an, die Ermittlungen in der Sache zu intensivieren. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die italienischen Behörden die Rückrufe nicht mehr lang hinauszögern können. Experten gehen davon aus, dass Stellantis – der Mutterkonzern von Fiat und Iveco – wegen des Abgasskandals noch in diesem Jahr über eine Million Rückrufe in Europa anordnen wird.

 

Verbraucheranwalt empfiehlt Wohnmobil-Haltern rechtliche Beratung

“Wer ein manipuliertes Fahrzeug besitzt, muss mit enormen Wertverlusten sowie im schlimmsten Fall sogar dem Entzug der Straßenzulassung rechnen. Insofern ist es unfassbar wichtig, dass betroffene Halter von Fahrzeugen mit Fiat- und Iveco-Motoren über den Abgasskandal informiert werden”, erklärt der Rechtsanwalt Claus Goldenstein. Er ergänzt:

“Deutsche Automobilhersteller wie VW und Daimler mussten und müssen sich noch immer wegen der Fahrzeugmanipulationen verantworten. Es kann nicht sein, dass sich Fiat und Iveco hier aus der Affäre ziehen können, weil sie vom italienischen Staat gedeckt werden. Vor diesem Hintergrund ist es enorm wichtig, dass auch die Manipulationen im Fiat-Konzern endlich aufgeklärt werden.
Wir von Goldenstein Rechtsanwälte vertreten bereits mehr als 24.600 Mandanten im Abgasskandal. Den Haltern von Wohnmobilen mit Fiat- und Iveco-Fahrgestellen raten wir unbedingt dazu, sich juristisch beraten zu lassen. Gern stehen wir diesbezüglich für ein kostenfreies Erstgespräch zur Verfügung.”

Über 50 Hersteller setzen auf Fahrgestelle und Motoren von Fiat und Iveco

Vom Wohnmobil-Abgasskandal sind mindestens acht Motorentypen betroffen, die zwischen 2014 und 2019 gebaut wurden. Dabei handelt es sich um die Motoren mit folgenden Bezeichnungen: 1.3 Liter Multijet, 1.3 Liter 16V Multijet, 1.6 Liter Multijet, 1.6 Liter, 2.0 Liter Multijet, 2.0 Liter, 2.2 Liter Multijet II, 2.3 Liter, 2.3 Liter Multijet, 3.0 Liter.

Diese Motoren wurden in Wohnmobilen auf Basis des Fiat Ducato oder der Iveco-Modelle Hi-Matic, Daily 4×4 und Eurocargo verbaut. Neben den zwei Herstellern selbst setzen mehr als 50 Wohnmobilbauer auf die Fahrgestelle von Fiat und Iveco. Dazu zählen quasi sämtliche namhafte Reisemobil-Hersteller

Das sind die Verbraucherrechte im Wohnmobil-Abgasskandal

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Die fällige Entschädigungssumme setzt sich in diesem Fall aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Nutzungsdauer des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger ab dem Tag der Klage-Einreichung Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. So lassen sich in etwa 25 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises durchsetzen.

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