17.
Mrz 2021

VW-Motor EA 288: Der Dieselskandal 2.0?

Jahrelang hat Volkswagen den manipulierten Dieselmotor EA 189 in weltweit mehr als elf Millionen Fahrzeugen verbaut. Dieser Wirtschaftsbetrug ist als Dieselskandal in die Geschichtsbücher eingegangen. Mittlerweile ist jedoch klar, dass die Manipulation dieses Motors keine Ausnahme war. Auch Fahrzeuge mit dem Nachfolgemotor des EA 189 – EA 288 – halten die vorgeschriebenen Schadstoff-Grenzwerte nämlich nur während der Zulassungstests ein.

Razzien wegen weiteren VW-Manipulationen

Unter Manipulationsverdacht stand der EA 288 bereits kurz nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals bei Volkswagen im Jahr 2015. Allerdings startete die Aufklärungsarbeit in der Sache erst Jahre später. So ließ die Staatsanwaltschaft Braunschwieg im September 2019 mehrere Geschäftsräume des Wolfsburger Konzerns wegen des EA 288-Motors durchsuchen.

Interne VW-Dokumente, die während der Durchsuchungen entdeckt wurden, sollen die erneuten Manipulationen belegen. Demnach sollen die Bordcomputer der betroffenen Fahrzeuge dahingehend manipuliert worden sein, dass diese eine Fehlfunktion der Abgasreinigung nicht korrekt anzeigen. Dadurch steigt der Abgasausstoß enorm an, wodurch die Fahrzeuge die vorgeschriebenen EU-Grenzwerten nicht länger einhalten.

Eine Recherche der ARD ergab bereits Monate vor den Razzien, dass Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eindeutig belegen, dass die Bordcomputer der betroffenen Fahrzeuge selbst bei einem unerlaubt hohen Stickoxide-Ausstoß keinen Fehler melden würde.

In diesen Fahrzeugen wurde der EA 288-Motor verbaut

Der EA 288-Motor wurde seit 2012 in diversen Fahrzeugen von Volkswagen sowie Audi, Skoda und Seat verbaut. Das betrifft unter anderem beliebte Baureihen wie den VW Golf, den Audi A3, den Skoda Octavia und den Seat Ibiza.

Volkswagen ruft EA 288-Fahrzeuge von sich aus zurück

Teilweise hat das Kraftfahrt-Bundesamt bereits offizielle Rückrufe von manipulierten Fahrzeugen mit EA 288-Motor angeordnet. Teilweise kommt VW drohenden Rückrufen aber auch zuvor und kontaktiert Fahrzeughalter von Autos mit dem EA 288-Motor, um auf diesen Software-Updates zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes zu installieren. Seit Dezember 2020 erhalten daher einige betroffene Halter das Angebot für ein freiwilliges Software-Update unter der Bezeichnung “Feldmaßnahme 23CY”.

Volkswagen will mit den freiwilligen Updates einen zweiten Abgasskandal vertuschen. Indem VW Autos updated, die noch nicht offiziell zurückgerufen wurden, versucht der Konzern den eigenen Imageschaden in Grenzen zu halten. Einen ähnlichen Weg geht auch Daimler seit einiger Zeit: Das Unternehmen versucht Halter von Mercedes-Benz-Dieselfahrzeugen sogar mit Wertgutscheinen zu der Durchführung eines freiwilligen Software-Updates zu bringen.

Die Installation eines freiwilligen Software-Updates sollte durchdacht werden

Ein Software-Update ist jedoch kein harmloser Eingriff: Im Rahmen des Dieselskandals wurden weltweit bei mehreren Millionen Fahrzeugen diverse freiwillige und verpflichtende Software-Updates installiert. Nicht wenige Fahrzeughalter klagten im Anschluss über Motorstörungen sowie einen erhöhten Kraftstoffverbrauch. Oft treten Folgeschäden am Fahrzeug zudem erst nach mehreren Monaten oder Jahren auf.

Daher sollten Autobesitzer einem Software-Update nur zustimmen, wenn sie dazu aufgrund eines Rückrufs durch das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtet wurden. Die jeweiligen Fahrzeughersteller führen Reparaturen nach einem Software-Update nämlich nur dann kostenfrei durch, wenn der Besitzer den Zusammenhang zwischen Schaden und Update direkt beweisen kann. Das ist in der Praxis jedoch kaum machbar.

Die Folgen des EA 288-Abgasskandals

Seit dem Bekanntwerden des Abgasskandals ist der Markt für Diesel-Fahrzeuge massiv eingebrochen. Insbesondere die Nachfrage nach nachweislich manipulierten Fahrzeugen ist enorm zurückgegangen, weshalb die Fahrzeuge stark an Wert verloren haben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Fahrzeuge jederzeit die Straßenzulassung verlieren könnten, da sie die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien im normalen Betrieb nicht einhalten.

Diese Rechte haben die Halter von Fahrzeugen mit EA 288-Motor

Betroffene Halter von Fahrzeugen mit EA 288-Motor haben die Möglichkeit, ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammensetzt. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger ab dem Tag der Klage-Einreichung Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

Alternativ besteht auch die Option, das manipulierte Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. In diesem Fall lässt sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form von Schadensersatz durchsetzen.

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