11.
Sep 2023

Wohnmobil-Besitzer können Kaufpreis wegen Abgasskandal rückwirkend reduzieren

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt sowie unabhängige Abgastests haben ergeben, dass der Fiat Ducato vom Abgasskandal betroffen ist. Das ist auch für die gesamte Wohnmobil-Szene eine schlechte Nachricht, denn der Ducato wird bei etwa zwei Dritteln aller Reisemobile als Basis genutzt. Betroffene Fahrzeughalter müssen deshalb mit Wertverlusten, Fahrzeugschäden und im schlimmsten Fall sogar einer Stilllegung ihres Wohnmobils rechnen, können allerdings Schadensersatzansprüche durchsetzen. So ist es unter anderem möglich, den ursprünglich gezahlten Kaufpreis rückwirkend zu reduzieren.

Landgericht Frankenthal: Wohnmobil-Besitzer erhält über 6000 Euro zurück

Erst kürzlich verurteilte das Landgericht Frankenthal in Rheinland-Pfalz Fiat zur Zahlung von 6.110 Euro an einen Mandanten von Goldenstein Rechtsanwälte. Der Wohnmobil-Besitzer ging juristisch gegen den italienischen Autobauer vor, nachdem dieser von der Manipulation des eigenen Fahrzeugs erfahren hatte. Der Mann verklagte Fiat auf Schadensersatz, da er sein Wohnmobil 2018 nicht zu denselben Konditionen erworben hätte, wenn er damals schon von den Manipulationen erfahren hätte.

Konkret stoßen die illegal manipulierten Fahrzeuge nämlich bei bestimmten Außentemperaturen sowie etwa 22 Minuten nach Start des Motors unerlaubt viele Schadstoffe aus, weshalb sie in Europa eigentlich nie hätten zugelassen werden dürfen. Die Typgenehmigung erhielten die betroffenen Wohnmobile nur, weil amtliche Abgastests in der Regel maximal 20 Minuten andauern und bei vergleichsweise hohen Temperaturen durchgeführt werden. Fiat hat die eigenen Diesel-Fahrzeuge also so konstruiert, dass diese während amtlicher Abgastests sauber wirken, obwohl sie im Normalbetrieb regelmäßig unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen.

Die Richter am Landgericht Frankenthal entschieden nun, dass Fiat den betroffenen Wohnmobilbesitzer durch diese Manipulationssoftware mindestens fahrlässig geschädigt hat. Deshalb sprachen sie dem Kläger einen sogenannten Differenzschadensersatz in Höhe von 10 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises zu. Dadurch soll der Kläger so gestellt werden, als wäre der Skandal zum Kaufzeitpunkt bereits bekannt gewesen. Im Gegenzug wird er sein Fahrzeug behalten.

 

Drohende Verjährung – rechtzeitige Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen ist sinnvoll

Auch andere Besitzer von illegal manipulierten Wohnmobilen haben die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche in der Sache geltend zu machen. Betroffene Fahrzeughalter sollten sich damit allerdings beeilen, denn zum 01. Januar 2024 droht bereits die Verjährung von zivilrechtlichen Ansprüchen in der Sache. Das liegt daran, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Öffentlichkeit im Jahr 2020 im Rahmen einer Pressemitteilung über den Wohnmobil-Abgasskandal informierte und die zivilrechtliche Verjährungsfrist drei Jahre zum Jahresende beträgt.

Die Frankfurter Ermittler gaben damals nach mehreren Razzien in Geschäftsgebäuden von Fiat bekannt, dass allein in Deutschland etwa 200.000 illegal manipulierte Fahrzeuge mit Fiat-Motoren angemeldet worden seien – ein Großteil davon Wohnmobile. Die betroffenen Fahrzeuge wurden demnach unter den Umweltnormen Euro 5 und Euro 6 zugelassen und zwischen 2014 und 2019 gebaut. Unabhängige Abgastests haben diese Ermittlungsergebnisse mittlerweile bestätigt.

Folglich ist es möglich, dass die Gerichte in Deutschland entscheiden werden, dass betroffene Fahrzeughalter durch diese Pressemitteilung von der Manipulation ihres Fahrzeugs hätten erfahren müssen und die dreijährige Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen begann. Demgegenüber steht zwar die Tatsache, dass amtliche Rückrufe in der Sache momentan noch immer in der Schwebe sind und viele betroffene PKW-Besitzer dadurch noch gar nichts von den Manipulationen ihres Wohnmobils wissen. Doch wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte sich schnellstmöglich rechtlich beraten lassen und bestehende Ansprüche geltend machen, um eine drohende Verjährung zu verhindern.

 

Welche Rechtsansprüche haben betroffene Wohnmobil-Besitzer?

Im Rahmen einer Schadensersatzklage können die Halter von illegal manipulierten Wohnmobilen juristisch gegen den verantwortlichen Motorenhersteller – also Fiat – vorgehen. Die Unternehmen, die die Fiat-Fahrzeuge zu Wohnmobilen ausgebaut haben, müssen sich hingegen nicht deswegen verantworten. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass Wohnmobil-Hersteller wie Hymer, Carthago oder Dethleffs von den illegalen Manipulationen bei Fiat wussten.

Grundsätzlich besteht wegen des Abgasskandals die Möglichkeit, das eigene Fahrzeug an den verantwortlichen Fahrzeughersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Wohnmobil zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrags des eigentlichen Kaufpreises durchzusetzen. Selbst für bereits verkaufte Fahrzeuge können teilweise Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Sollte ein Verfahren unerwarteterweise verloren gehen, übernimmt der Prozesskostenfinanzierer hingegen sämtliche Verfahrenskosten und sogar die Anwaltskosten der Gegenseite. Die Kläger müssen in diesem Fall keinen Cent bezahlen.

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