Dieselskandal-Urteile: Gute und schlechte Nachrichten für Österreicher

Innsbruck, 30. Juli 2020. Österreichische Halter von manipulierten VW-Fahrzeugen haben die Möglichkeit, Schadensersatz gegenüber dem Konzern durchzusetzen und profitieren dabei von einer langen Verjährungsfrist von 30 Jahren. Aktuelle Urteile aus Deutschland bekräftigen dies zwar, setzen viele Österreicher aber unter Druck: Wer mit seinem Fahrzeug zu viele Kilometer zurückgelegt hat, hat keinen Entschädigungsanspruch mehr. Der Rechtsanwalt Claus Goldenstein ordnet die Entscheidungen ein und erläutert die Bedeutung für Österreicher. Er ist Inhaber der Kanzlei Goldenstein & Partner, die im Dieselskandal mehr als 21.000 Mandanten vertritt, darunter über 1.800 Österreicher: 

 

Österreichische VW-Halter haben die Möglichkeit, ihre Rechte im VW-Dieselskandal in Österreich oder in Deutschland – am Gerichtsstand von VW in Braunschweig – durchzusetzen. Aktuell ist die Klage in Deutschland deutlich erfolgsversprechender. In Österreich ist jede Gerichtsverhandlung mit einem Risiko verbunden, während in Deutschland bereits Rechtssicherheit herrscht: Betroffene Fahrzeughalter können ihre manipulierten PKW an VW zurückgeben und erhalten dafür eine Entschädigung in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises sowie Verzugszinsen. Dies wurde im Mai im Rahmen eines von unserer Kanzlei betreuten Falles von dem deutschen Bundesgerichtshof beschlossen und heute bestätigt. Darüber hinaus befasste sich der BGH mit weiteren Details im Dieselskandal. 

So verdeutlichten die Richter einmal mehr, dass sich betroffene Halter die bisherige Laufleistung ihres PKW in Form einer sogenannten Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen. Für Fahrzeuge, mit denen besonders viele Kilometer zurückgelegt wurden, besteht demnach kein Entschädigungsanspruch mehr. Österreichische VW-Halter setzt dieses Urteil in gewisser Weise unter Druck: Zwar haben sie insgesamt 30 Jahre Zeit, um ihre Rechte durchzusetzen, doch mit jedem gefahrenen Kilometer sinkt der Entschädigungsanspruch. Da die manipulierten PKW teilweise schon zehn Jahre alt sind, sollten die betroffenen Halter schnell handeln und ihre Rechte in Deutschland durchsetzen. Wann es in Österreich ein höchstrichterliches Urteil gibt, durch das der Entschädigungsanspruch definiert wird, ist bislang nämlich nicht abzusehen. 

 

So berechnet sich die Nutzungsentschädigung im Dieselskandal 

Die Höhe der sogenannten Nutzungsentschädigung berechnet sich aus dem Anteil der bisher zurückgelegten Kilometer an der maximalen Laufleistung jedes Fahrzeuges. Letztere wird in der Regel mit etwa 250.000 bis 350.000 Kilometern beziffert. Hat ein Auto also 125.000 Kilometer zurückgelegt und es wird eine maximale Laufleistung von 250.000 Kilometern angenommen, wird eine Nutzungsentschädigung von 50 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises von der Entschädigungssumme abgezogen. Der Kläger bekäme folglich nur die Hälfte des Kaufpreises. Wer hingegen bereits 250.000 Kilometer zurückgelegt hat, hat in diesem Fall keinen Anspruch mehr auf eine Entschädigung. 

 

Keine Entschädigung bei Autokauf nach ad hoc-Meldung aus dem Jahr 2015? 

Darüber hinaus entschieden die Karlsruher Richter heute, dass die Halter von manipulierten VW-Dieselfahrzeugen keinen Schadensersatz durchsetzen können, wenn sie ihren PKW erst nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals Ende 2015 gekauft haben. Damals hatte VW die Öffentlichkeit in Form einer ad hoc-Meldung über die Fahrzeugmanipulation informiert. 

Betroffene PKW-Besitzer können sich dennoch Hoffnungen auf Entschädigungen machen”, erklärt Claus Goldenstein und ergänzt:Ende April hat die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichtshof in einem Schlussantrag verkündet, dass sämtliche Fahrzeugfunktionen als illegale Abschalteinrichtungen gelten, wenn diese im Realbetrieb zu einem höheren Abgasausstoß führen als auf dem Prüfstand. 

Zahlreiche Tests haben ergeben, dass die manipulierten VW-Dieselfahrzeuge nach der Durchführung des verpflichtenden Software-Updates nur bei bestimmten Temperaturen tatsächlich sauber sind. Auch im Rahmen des Software-Updates von VW wurde also eine Abschalteinrichtung integriert. Dieses sogenannte Thermofenster unterscheidet sich jedoch von der ursprünglich verwendeten Manipulationssoftware und gilt bislang offiziell als nicht illegal. 

Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Richter des Europäischen Gerichtshof der Rechtsauffassung der Generalanwaltschaft in ihrem baldigen Urteil folgen werden. Dieses wird noch in diesem Jahr erwartet. Dann würde auch die neu verwendete Abschalteinrichtung von VW in der gesamten Europäischen Union als illegal erklärt werden. Betroffene Halter von VW-Fahrzeugen könnten ihre Rechte demnach durchsetzen, obwohl sie ihren PKW erst im Jahr 2016 oder sogar später gekauft haben. Mehrere Millionen VW-Fahrzeuge mit dem Software-Update müssten dann noch einmal zurückgerufen werden. Zudem würde der Dieselskandal auch nahezu alle anderen Hersteller von Dieselfahrzeugen erreichen”, prognostiziert Claus Goldenstein. 

 

BGH spricht Dieselhaltern Verzugszinsen zu – aber keine Deliktzinsen 

Zudem hat sich der BGH heute auch zum Thema Deliktzinsen geäußert. Diese Zinsen in Höhe von 4 Prozent auf den Auto-Kaufpreis ab dem Kaufdatum können Klägern im Fall von Betrug oder sittenwidriger Handlung juristisch zugesprochen werden. Die Richter bestätigten, dass Volkswagen Verzugszinsen an Dieselskandal-Kläger zahlen muss. Das Gericht entschied aber auch, dass der Konzern keine Deliktzinsen auszahlen muss. Verzugszinsen unterscheiden sich von Deliktzinsen, da Erstere erst ab dem Zeitpunkt des Verzuges gelten, dafür aber 5 Prozent über dem Basissatz betragen.  

“Bereits im Vorfeld sprach nur wenig dafür, dass die Karlsruher Richter den Haltern von manipulierten Dieselfahrzeugen Deliktzinsen zusprechen werden. Dies deuteten die obersten Richter bereits im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in der vergangenen Woche an. Deliktzinsen werden üblicherweise nur dann fällig, wenn ein Gegenstand aufgrund eines Betruges oder einer sittenwidriger Handlung nicht genutzt werden konnte, obwohl dafür bezahlt wurde. Das ist im Dieselskandal nur bedingt der Fall”, erklärt Claus Goldenstein. 

 

Klagen in Deutschland sind für Österreicher risikofrei 

Alexander Voigt, Rechtsanwalt und Büroleiter des Innsbrucker Standorts von Goldenstein & Partner, ermutigt betroffene Halter aus Österreich, ihre Rechte durchzusetzen: 

Für die Klagen in Deutschland haben wir uns die führenden Rechtsschutzversicherer aus Österreich sowie einen Prozesskostenfinanzierer ihre Deckungszusage gegeben. Für österreichische Verbraucher bedeutet dies, dass sie zu 100 Prozent ohne eigenes Risiko eine Klage in Braunschweig gegen VW einreichen können. In Österreich muss hingegen jede Klage mit entsprechendem Risiko einzeln verhandelt werden. Wir ermutigen österreichische Verbraucher, sich schnellstmöglich bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten beraten zu lassen und stehen diesbezüglich gern kostenfrei zur Verfügung. 

 

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal 

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten.  

 

So setzen sich die Entschädigung zusammen 

Die jeweilige Entschädigungssumme im Dieselskandal setzt sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen. Auf www.ra-goldenstein.de können Autobesitzer ihren möglichen Anspruch kostenfrei prüfen lassen. 

 

Über Goldenstein & Partner 

Goldenstein & Partner ist die führende deutsche Rechtsanwaltskanzlei im Abgasskandal. Die Kanzlei vertritt insgesamt mehr als 21.000 Mandanten im Abgasskandal und ist unter anderem für das erste BGH-Urteil in der Sache verantwortlich. Auf www.ra-goldenstein.de können Halter von Dieselfahrzeugen kostenfrei prüfen, ob sie Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung haben und die Kanzlei mit der Durchsetzung ihrer Rechte beauftragen. Goldenstein & Partner hat seinen Sitz in Potsdam und beschäftigt derzeit mehr als 70 Mitarbeiter. Die Kanzlei wird von dem Rechtsanwalt Claus Goldenstein geleitet.