Dieselskandal: Alle wichtigen Infos zum VW-Vergleich

Potsdam, 07. April 2020. Die berechtigten Teilnehmer der Musterfeststellungsklage haben noch knapp zwei Wochen Zeit, um das Vergleichsangebot von Volkswagen zu akzeptieren. Doch für wen ergibt dieser Vergleich überhaupt Sinn und welche Alternativen gibt es für die betroffenen VW-Halter? Der Rechtsanwalt Claus Goldenstein beantwortet sämtliche relevanten Fragen zu diesem Thema. Er ist Inhaber der Kanzlei Goldenstein & Partner, die im Dieselskandal mehr als 20.800 Mandanten vertritt:

 

  • Für wen gilt das Vergleichsangebot?

 

Das Vergleichsangebot gilt ausschließlich für die rund 260.000 berechtigten Teilnehmer der Musterfeststellungsklage. Bis zum Herbst 2019 hatten VW-Halter die Möglichkeit, sich für die Sammelklage einzuschreiben. Insgesamt meldeten sich mehr als 400.000 Menschen an. Doch einige von ihnen erfüllen die rechtlichen Voraussetzungen der Klage nicht. 

So ist es beispielsweise nötig, einen VW Diesel-PKW mit Motor des Typs EA 189 zu besitzen und diesen vor dem 01. Januar 2016 gekauft und diesen ausschließlich privat genutzt zu haben. Wer zum Kaufzeitpunkt nicht in Deutschland gemeldet war, hat ebenfalls keinen Anspruch auf das Vergleichsangebot.

 

  • Welche Entschädigungssummen bietet Volkswagen den Klägern?

 

Die Entschädigungssumme unterscheidet sich von Fahrzeug zu Fahrzeug und beträgt bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises. Je nach Modell bietet Volkswagen den Teilnehmern der Musterfeststellungsklage zwischen 1350 Euro und 6257 Euro an. Im Schnitt sind es 3200 Euro. Diese Summe ist vergleichsweise gering. Wir von Goldenstein & Partner setzen im Dieselskandal durchschnittliche Einmalzahlungen in Höhe von 4600 Euro für unsere Mandanten durch. 

 

  • Sollten die Kläger das Vergleichsangebot annehmen?

 

Für nahezu alle betroffenen Volkswagen-Besitzer ergibt der Vergleich keinen Sinn. Wer das Angebot annimmt, behält seinen manipulierten PKW und verzichtet auf weitere Rechtsansprüche. Tatsächlich haben die betroffenen Fahrzeuge jedoch massiv an Wert verloren. Das liegt neben dem Skandal auch an zahlreichen Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten. Diesen Wertverlust kann eine einmalige Entschädigung in Höhe von bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises nicht ausgleichen. 

Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch die Software-Updates, die Volkswagen auf die betroffenen PKW aufspielen ließ, eine illegale Abschalteinrichtung enthalten. Mehrere Tests zeigten auf, dass die Abgasreinigung der betroffenen VW-Dieselfahrzeuge auch nach dem Update nur bei Temperaturen zwischen 15 und 33 Grad vollends funktioniert. 

Noch in diesem Monat wird die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichtshof seine Rechtsauffassung zu diesen sogenannten Thermofenstern veröffentlichen. In der Folge könnte auch das VW-Software-Update als illegal eingestuft werden. Dann würden für die betroffenen Fahrzeuge unter anderem neue Fahrverbote drohen. Fahrzeughalter, die ihre Rechtsansprüche im Zuge des Vergleichs aufgeben, könnten sich nicht mehr dagegen wehren.

Tatsächlich ergibt der Vergleich daher nur für Besitzer von Fahrzeugen, die aufgrund eines Unfalls oder einer Laufleistung von mehr als 200.000 Kilometern sowieso kaum noch Wert haben, Sinn. Alle anderen Teilnehmer der Klage sollten ihre Rechtsansprüche jedoch nicht voreilig abgeben. Wir raten sämtlichen Klägern unbedingt dazu, sich juristisch bezüglich ihrer Möglichkeiten beraten zu lassen. Wir von Goldenstein & Partner bieten diese Beratung kostenfrei an.

 

  • Welche Alternativen gibt es zum Vergleichsangebot?

 

Die Teilnehmer der Musterfeststellungsklage haben die Möglichkeit, das Vergleichsangebot abzulehnen und ihre Rechte bis Mitte Oktober individuell durchsetzen zu lassen. Über ein Individualverfahren lassen sich deutlich höhere Entschädigungssummen durchsetzen und nahezu jedes Gericht in Deutschland entscheidet im Dieselskandal verbraucherfreundlich. Für unsere Mandanten setzen wir im Schnitt Einmalzahlungen in Höhe von 4600 Euro durch – deutlich mehr als VW bietet. 

Zudem besteht über ein Einzelverfahren die Möglichkeit, das manipulierte Fahrzeug an Volkswagen zurückzugeben und dafür eine Entschädigung zu erhalten, die nicht selten mehrere Zehntausend Euro beträgt. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass die meisten betrogenen VW-Diesel-Halter ihre PKW aufgrund des großen Wertverlustes durch den Skandal ungern behalten möchten. Die Möglichkeit der Rückabwicklung von Fahrzeugen sieht der VW-Vergleich jedoch nicht vor.

In Deutschland setzt sich die jeweilige Entschädigungssumme im Abgasskandal normalerweise aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Einige Gerichte halten den Abzug einer Nutzungsentschädigung jedoch für nicht rechtens. Mehrfach haben deutsche Gerichte den betroffenen Fahrzeughaltern zudem Deliktzinsen zugesprochen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

 

  • Wie lange bleibt Fahrzeughaltern für die Entscheidung?

 

Bis zum 20. April 2020 haben die berechtigten Teilnehmer der Musterfeststellungsklage die Möglichkeit, das Vergleichsangebot von Volkswagen zu akzeptieren. Bis dahin sollte sich jeder MFK-Teilnehmer unbedingt juristisch beraten lassen, ob eine Annahme des Angebots Sinn ergibt. 

Für alle Teilnehmer, die das Angebot angenommen haben, gilt zudem eine zweiwöchige Widerrufsfrist. Volkswagen selbst setzt seine Kunden mit dem Vergleichsangebot bewusst unter Druck: Einen Tag nach Ablauf der Annahme- und Widerrufsfrist, am 5. Mai 2020, wird ein Dieselskandal-Fall von unserer Kanzlei nämlich der erste sein, mit dem sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschäftigt. Ein Urteil wird noch am selben Tag erwartet. 

Sämtliche Experten gehen davon aus, dass der Bundesgerichtshof in der Sache verbraucherfreundlich entscheiden wird. Das Urteil wird eine Signalwirkung für sämtliche Gerichte in ganz Deutschland haben und endgültig für Rechtssicherheit in Deutschland sorgen. Volkswagen ist sich bewusst, dass der Konzern nach diesem Urteil ziemlich sicher deutlich höhere Entschädigungen auszahlen muss. Deshalb will VW möglichst viele Teilnehmer der Sammelklage dazu bringen, den Vergleich anzunehmen. Dadurch würde der Konzern viel Geld sparen

 

  • Hat der Vergleich Einfluss die laufenden Verfahren von Individualklägern?

 

Nein. Das Vergleichsangebot hat keinen Einfluss auf laufende Individualklagen von Volkswagen-Kunden außerhalb der Musterfeststellungsklage.

 

  • Geht die Musterfeststellungsklage nach dem Vergleich noch einmal vor Gericht?

 

Nein. Die Musterfeststellungsklage wird aufgrund des Vergleichs durch die Kläger zurückgenommen. Eine weitere Gerichtsverhandlung wird es nicht geben. Wer das Vergleichsangebot ablehnt, kann seine Rechte jedoch individuell vor einem deutschen Gericht durchsetzen. Wir von Goldenstein & Partner beraten sämtliche betroffenen Fahrzeughalter gern bezüglich ihrer juristischen Möglichkeiten.

 

Über Goldenstein & Partner

Goldenstein & Partner ist eine der führenden deutschen Rechtsanwaltskanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei vertritt insgesamt mehr als 20.800 Mandanten im Abgasskandal und hat unter anderem das erste klagestattgebende Urteil gegen VW an einem deutschen Oberlandesgericht erwirkt. Auf www.ra-goldenstein.de können geschädigte Kunden deutscher Autobauer kostenfrei prüfen, ob sie Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung haben und die Kanzlei mit der Durchsetzung ihrer Rechte beauftragen. Goldenstein & Partner hat seinen Sitz in Potsdam und beschäftigt derzeit mehr als 70 Mitarbeiter. Die Kanzlei wird von dem Rechtsanwalt Claus Goldenstein geleitet.