26.
Mai 2021

Behördlicher Schriftverkehr belegt: EA 288-Motoren wurden illegal manipuliert

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig durchsuchte im vergangenen Jahr mehrere Geschäftsräume von VW. Ziel dieser Aktion war die Sicherung von Beweisen im Zusammenhang mit möglichen Manipulationen des Dieselmotors EA 288. Nun kam heraus, dass die deutschen Behörden bereits vor Jahren von dem EA 288-Dieselskandal wussten. Das Verkehrsministerium versagte jedoch dabei, diesen Sachverhalt intensiv zu prüfen.

In dem Vorgängermodell des EA 288 – dem EA 189 – wurde 2015 der Einbau einer Abschalteinrichtung nachgewiesen. Dadurch gab der Motor in Testsituationen andere Abgaswerte vor, als es im tatsächlichen Straßengebrauch der Fall war. In der Folge musste Volkswagen weltweit rund elf Millionen Fahrzeuge zurückrufen und diese einem Software-Update unterziehen. Auch der EA 288 steht seit Längerem im Verdacht, manipuliert worden zu sein. Der Motor wurde seit 2012 in diversen Fahrzeugen von Volkswagen sowie dessen Tochterunternehmen Audi, Skoda und Seat eingebaut.

EA 288-Manipulation: Beweislage ist erdrückend

Aus aktuell veröffentlichten Dieselskandal-Akten geht hervor, dass VW-Anwälte bereits im Herbst 2015 eine mögliche Manipulation des EA 288-Motors offen ansprachen. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) überprüfte dies jedoch nicht. Stattdessen vertraute die Zulassungsbehörde im Anschluss blind auf Abgas-Messergebnisse, die VW selbst bereitgestellt hat. Diese Nachlässigkeit führte anscheinend dazu, dass die betroffenen PKW jahrelang die Umwelt verschmutzten.

Interne Dokumente, die die Staatsanwaltschaft Braunschweig während ihrer Durchsuchungen entdeckte, sollen die erneuten Manipulationen nämlich belegen. Auch mehrere unabhängige Abgastests haben ergeben, dass Fahrzeuge mit EA 288-Motor die zulässigen Schadstoffgrenzwerte oft massiv überschreiten.

 

Betroffene Fahrzeughalter haben Anspruch auf Schadensersatz

Betroffenen PKW-Haltern drohen nun massive Wertverluste. Im schlimmsten Fall könnten die manipulierten Fahrzeuge sogar stillgelegt werden. Unter anderem deshalb haben diese die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche in der Sache durchzusetzen. Aktuell gehen bereits Zehntausende Halter im EA 288-Abgasskandal gegen VW vor und immer mehr deutsche Gerichte positionieren sich diesbezüglich verbraucherfreundlich.

Zuletzt wurde VW beispielsweise von dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg zur Auszahlung von Schadensersatz verurteilt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass ein VW Golf mit EA 288-Motor Zulassungstests erkennen kann und in diesem Moment in einen umweltfreundlicheren Modus schaltet, als es im normalen Straßenbetrieb der Fall ist. Um diesen Umstand zu beweisen, hatte das OLG Naumburg extra interne Dokumente von Volkswagen angefordert.

Aus diesen geht hervor, dass die Fahrzeuge mit EA 288-Motoren Testsituationen erkennen, da das Lenkrad in diesem Fall nicht bewegt wird. In diesem Moment schalten die PKW in einen umweltfreundlichen Modus. Im Normalbetrieb, wenn das Lenkrad bewegt wird, funktioniert die Abgasreinigung hingegen nicht korrekt. In diesem Fall stoßen die PKW unerlaubt viele Stickoxide aus. Daher hätten EA 288-Autos eigentlich nie zugelassen werden dürfen.

VW gab Manipulationen vor Gericht zu

Den Einbau der Zykluserkennung in Modellen mit dem EA 288-Motor soll der Wolfsburger Konzern zudem bereits im Rahmen einer Verhandlung vor dem Duisburger Landgericht im Oktober 2019 bestätigt haben. In dem Fall ging es ebenfalls um einen VW Golf. Das Gericht verurteilte Volkswagen daraufhin wegen vorsätzlich sittenwidriger Handlung und ordnete die Rücknahme des Fahrzeuges sowie die Erstattung des ursprünglichen Kaufpreises an.

Volkswagen selbst ist sich hingegen keiner Schuld bewusst und argumentierte vor Gericht, dass für die Zulassung eines Fahrzeuges ausschließlich die Schadstoff-Werte zählen, die auf dem Prüfstand festgestellt werden. Im tatsächlichen Straßenbetrieb gebe es hingegen rechtlich betrachtet gar keine Emissionsgrenzwerte, die es zu beachten gilt.

Dieser Rechtsauslegung widersprach der Europäische Gerichtshof (EuGH) allerdings im Dezember 2020. Damals werteten die obersten Richter der EU jede Abschalteinrichtung als illegal, wenn sich die Abgasreinigung dadurch zwischen Test- und Normalbetrieb unterscheidet.

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. In dem Fall setzt sich die jeweilige Entschädigungssumme aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

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