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BGH zum Abgasskandal: Finanzierungsklausel darf Schadensersatzklage nicht verhindern
Autobanken dürfen ihren Kunden nicht durch Klauseln in den Finanzierungsverträgen verbieten, Schadensersatzansprüche gegen den jeweiligen Fahrzeughersteller durchzusetzen. Diese Rechtsauffassung ließen die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) heute im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durchblicken. „Wenn die Besitzer von illegal manipulierten Fahrzeugen zum Kaufzeitpunkt von diesen Mängeln gewusst hätten, hätten sie den Fahrzeugkauf und somit auch den Finanzierungsvertrag nie abgeschlossen. Insofern wirkt es absurd, dass die Mercedes-Benz Bank ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen so ausgestaltet hat, dass betroffene Fahrzeughalter sich nicht gegen entsprechende Ungerechtigkeiten wehren können. Das ist quasi ein Freifahrtschein zum Betrug und dementsprechend illegal“, erklärt der Rechtsanwalt Claus Goldenstein, dessen gleichnamige Kanzlei mehr als 50.000 Verbraucher im Zusammenhang mit dem Abgasskandal vertritt.
Das sind die Hintergründe des heutigen Verfahrens
In dem aktuellen Verfahren geht es um die Klage eines Mannes, der sich im Frühjahr 2019 einen Mercedes GLC 250 für 55.335,89 € als Neuwagen gekauft und diesen zu großen Teilen über ein Darlehen der Mercedes-Benz Bank finanziert hat. Nachdem bekannt wurde, dass die Abgasreinigung des Mercedes-Fahrzeugs illegal manipuliert wurde, ging der Mann juristisch gegen den Stuttgarter Autobauer vor, um die Rückabwicklung seines Kaufvertrages sowie die Freistellung von den restlichen Darlehensraten durchzusetzen.
In den Vorinstanzen hatte er mit dieser Klage allerdings keinen Erfolg. Dort wurde nämlich argumentiert, dass er bestehende deliktische Ansprüche aufgrund von verschiedenen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seines Finanzierungsvertrages an die Darlehensgeberin abgetreten habe. Insofern wurde die Klage abgewiesen.
Nun muss der BGH klären, ob entsprechende Klauseln tatsächlich auch die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen verhindern dürfen. Das abschließende Urteil in der Sache wird am 24. April verkündet. Es wird erwartet, dass der BGH die Entscheidung aus der Vorinstanz aufhebt und den Fall an das zuständige Oberlandesgericht zurückverweist, wo dann unabhängig von der unzulässigen Darlehensklausel geprüft werden muss, ob dem Mercedes-Besitzer Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals zustehen.
Verbraucheranwalt: BGH verhindert Nachahmungseffekt durch andere Autobanken
„Wir von Goldenstein Rechtsanwälte haben im Zusammenhang mit dem Abgasskandal Tausende Finanzierungsverträge von Autobanken geprüft. Die Dreistigkeit, durch AGB-Klauseln Schadensersatzklagen gegen den jeweiligen Mutterkonzern abzuwehren, hat unseres Wissens nach nur die Mercedes-Benz Bank besessen.
Würde der BGH entsprechende Vertragsinhalte als legal bewerten, würden wohl auch alle anderen Autobanken diese künftig in ihren Finanzierungsverträgen einbauen. Dadurch würden zahlreiche Fahrzeugbesitzer davon abgehalten werden, bestehende Rechtsansprüche durchzusetzen und auf entstandenen Schäden sitzen bleiben. Dies verhindert der BGH nun korrekterweise. Die Entscheidung ist auch deshalb so wichtig, weil fast die Hälfte aller privaten Neuwagen mindestens in Teilen finanziert werden“, erklärt der Verbraucheranwalt Claus Goldenstein und führt fort:
„Das heutige Verfahren trägt einmal mehr zur zivilrechtlichen Aufarbeitung des Abgasskandals bei und belegt, mit welcher Arroganz viele Autohersteller ihren Kunden gegenüber auftreten. So wurden die Käufer von Mercedes-Benz-Fahrzeugen nicht nur durch geschönte Emissionswerte getäuscht, sondern sollten auch mit Finanzierungsverträgen der hauseigenen Autobank von Schadensersatzklagen abgehalten werden.
Die BGH-Richter positionieren sich gerade zur rechten Zeit in der Sache, denn in der kommenden Woche werden die Richter am Europäischen Gerichtshof sehr wahrscheinlich entscheiden, dass Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal auch bei fahrlässiger Schädigung bestehen. Dieses lang erwartete Urteil wird die Erfolgsaussichten von Klagen im Zusammenhang mit dem Mercedes-Benz-Abgasskandal aller Voraussicht nach enorm verbessern. Davon profitieren auch Mercedes-Besitzer, die ihre Fahrzeuge über ein Darlehen der Mercedes-Benz Bank finanziert und diese Finanzierung noch nicht abbezahlt haben.”
Diese Rechte haben betroffene Verbraucher wegen des Abgasskandals
Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es oftmals auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.
Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.