10.
Sep 2020

Die wichtigsten deutschen Urteile im VW-Abgasskandal

Während Volkswagen seine amerikanischen Kunden bereits kurz nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals finanziell für diesen Betrug entschädigte, mussten Verbraucher aus Deutschland lange auf Rechtssicherheit warten. Mittlerweile steht jedoch auch hierzulande fest, dass betroffene PKW-Halter Anspruch auf Schadensersatz haben. Doch das war nicht immer so: Bis ins Jahr 2019 entschieden noch viele deutsche Gerichte in der Sache zugunsten von VW. Was hat sich seitdem verändert? 

Etappensieg vor dem Oberlandesgericht Koblenz 

Im Juni 2019 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, dass ein Mandant der Kanzlei Goldenstein seinen manipulierten PKW an Volkswagen zurückgeben darf und Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises sowie Verzugszinsen hat. Lediglich seine bisher zurückgelegte Laufleistung müsse sich der Frührentner negativ anrechnen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war es das erste positive Dieselskandal-Urteil eines Oberlandesgerichtes gegen Volkswagen. Anschließend folgten zahlreiche Gerichte in Deutschland dieser juristischen Auffassung und die rechtliche Einschätzung der Richter kippte bundesweit auf Seiten der Verbraucher. 

 

Der BGH-Fall: Rechtssicherheit für Millionen Verbraucher 

Da sich Volkswagen jedoch weiterhin keiner Schuld Bewusst war und gegen das Urteil in Revision ging, befasste sich das höchste deutsche Gericht nun mit dem Fall – der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dort kam es am 25. Mai 2020 zu einem historischen Urteil: Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG Koblenz und sprach dem Kläger eine Entschädigung zu. Seitdem herrscht auch in Deutschland endgültig Rechtssicherheit in der Sache.

Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein, kommentiert die Tragweite des Urteils: 

“Das Urteil bedeutet Rechtssicherheit für Millionen Verbraucher in Deutschland und zeigt einmal mehr, dass auch ein großer Konzern nicht über dem Gesetz steht. Mit dieser Entscheidung haben wir Geschichte geschrieben und einen Präzedenzfall für sämtliche deutsche Halter von manipulierten Dieselfahrzeugen geschaffen. Zukünftig werden sich sämtliche deutschen Amts-, Landes- und Oberlandesgerichte in ihren Dieselskandal-Urteilen auf diese Entscheidung des Bundesgerichtshof beziehen.” 

 

Neue BGH-Urteile setzen VW-Halter unter Druck 

Das Urteil aus dem Mai haben die Richter des BGH in mehreren Verhandlungen im Juli grundsätzlich bestätigt. Allerdings verdeutlichten die Richter zwei Dinge: Wer die maximale Laufleistung seines Fahrzeugs ausgereizt hat, hat aufgrund der Nutzungsentschädigung keinen Anspruch mehr auf die Rückabwicklung des betroffenen PKW. Zudem stehen betroffenen Haltern Verzugs-, aber keine Deliktzinsen zu. Während Verzugszinsen erst ab dem Tag der Klage-Einreichung ausgezahlt werden müssen, werden Deliktzinsen bereits ab dem Kaufdatum fällig.  

 

“Es sprach nur wenig dafür, dass die Karlsruher Richter den Haltern von manipulierten Dieselfahrzeugen Deliktzinsen zusprechen werden. Dies deuteten die obersten Richter bereits im Rahmen einer mündlichen Verhandlung an. Deliktzinsen werden üblicherweise nur dann fällig, wenn ein Gegenstand aufgrund eines Betruges oder einer sittenwidriger Handlung nicht genutzt werden konnte, obwohl dafür bezahlt wurde. Das ist im Dieselskandal nur bedingt der Fall”, erklärt Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein und führt fort:  

“Besitzern von manipulierten VW-Diesel-Fahrzeugen sollte nun jedoch einmal mehr klar sein, dass sie ihre Rechte unbedingt zeitnah durchsetzen müssen, wenn sie dies bislang noch nicht getan haben. Mit jedem gefahrenen Kilometer sinkt nämlich der Entschädigungsanspruch. Gern beraten wir von der Kanzlei Goldenstein PKW-Besitzer kostenfrei bezüglich ihrer Rechte.” 

 

Vielfahrer haben trotz Nutzungsentschädigung Anspruch auf Schadensersatz 

Die gute Nachricht für betroffene Vielfahrer ist aber, dass diese die Möglichkeit haben, ihr Fahrzeug zu behalten und dennoch Schadensersatz durchzusetzen. Da die PKW aufgrund des Dieselskandals enorm an Wert verloren haben, können betroffene Halter diese Wertminderung einfordern.  

In der Regel erhalten die Besitzer von manipulierten VW-Diesel-Fahrzeugen in diesem Fall 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises als Entschädigung. Diese Form der Rechtsdurchsetzung lohnt sich vor allem für PKW-Halter, die mit ihrem Fahrzeug mehr als 200.000 Kilometer zurückgelegt haben. Dann übersteigt die Entschädigung in Höhe von 20 Prozent des Kaufpreises in der Regel den Schadensersatz, der im Rahmen einer Fahrzeug-Rückgabe möglich wäre. 

 

Entschädigung bei Autokauf nach ad hoc-Meldung 2015: Gerichte sind sich uneins 

Während Vielfahrer ihren Rechtsanspruch also nicht vollständig verlieren, sieht es für PKW-Halter, die ihr manipuliertes Fahrzeug nach dem Bekanntwerden des Skandals gekauft haben, schwieriger aus: Wer seinen Volkswagen-PKW nach der Veröffentlichung der VW-ad hoc-Meldung im September 2015 gekauft hat, hat laut eines weiteren BGH-Urteils aus dem Juli 2020 keinen Anspruch auf Schadensersatz. Doch es gibt Ausnahmen: 

So sprachen mehrere deutsche Landgerichte – darunter die Gerichte in Dortmund, Mönchengladbach und Krefeld – auch nach dem BGH-Urteil VW-Haltern Schadensersatz zu, obwohl diese ihre PKW erst nach dem Bekanntwerden des Skandals gekauft hatten. So konnten die Halter von Seat-, Skoda-, Audi- und Porsche-Fahrzeugen laut der Richter nicht wissen, dass auch Fahrzeuge dieser VW-Tochterunternehmen manipuliert wurden. Doch selbst VW-Halter wurden Entschädigungen zugesprochen, da die verantwortlichen Richter die Zulässigkeit der VW Software-Updates bezweifelten. Durch diese sollten die manipulierten VW-Fahrzeuge eigentlich wieder sauber gemacht werden. Doch zahlreiche Experten bezweifeln dies.  

 

EuGH befasst sich mit Zulässigkeit aller Abschalteinrichtungen 

“Noch in diesem Jahr werden die Richter des Europäischen Gerichtshof wohl dafür sorgen, dass auch das Software-Update, das VW im Rahmen des Dieselskandal-Rückrufs installieren ließ, als illegal erklärt wird. Dieses Urteil würde den Weg final freimachen, damit auch Halter, die ihren PKW nach 2016 gekauft haben, Anspruch auf eine Entschädigung haben”, erklärt der Verbraucheranwalt Claus Goldenstein. Er ergänzt: 

Bereits Ende April hat die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichtshof in einem Schlussantrag verkündet, dass sämtliche Fahrzeugfunktionen als illegale Abschalteinrichtungen gelten, wenn diese im Realbetrieb zu einem höheren Abgasausstoß führen als auf dem Prüfstand. 

Zahlreiche Tests haben ergeben, dass die manipulierten VW-Dieselfahrzeuge nach der Durchführung des verpflichtenden Software-Updates nur bei bestimmten Temperaturen tatsächlich sauber sind. Auch im Rahmen des Software-Updates von VW wurde also eine Abschalteinrichtung integriert. Dieses sogenannte Thermofenster unterscheidet sich jedoch von der ursprünglich verwendeten Manipulationssoftware und gilt bislang offiziell als nicht illegal. 

Es ist davon auszugehen, dass die Richter des Europäischen Gerichtshof der Rechtsauffassung der Generalanwaltschaft in ihrem baldigen Urteil folgen werden. Dieses wird noch in diesem Jahr erwartet. Dann würde auch die neu verwendete Abschalteinrichtung von VW als illegal erklärt werden. Mehrere Millionen VW-Fahrzeuge mit dem Software-Update müssten dann noch einmal zurückgerufen werden. Zudem würde der Dieselskandal auch nahezu alle anderen Hersteller von Dieselfahrzeugen erreichen. 

 

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal 

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten.  

 

So setzen sich die Entschädigung zusammen 

Die jeweilige Entschädigungssumme im Dieselskandal setzt sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen. Auf www.ra-goldenstein.de können Autobesitzer ihren möglichen Anspruch kostenfrei prüfen lassen. 

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