13.
Feb 2023

Die wichtigste Dieselgate-Entscheidung des Jahres wird im März verkündet

Nach langem Warten besteht endlich Klarheit: Am 21. März wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) das wohl wichtigste Dieselskandal-Urteil des Jahres verkünden. Europas oberste Zivilrichter werden an diesem Tag unter anderem die Frage beantworten, ob Schadensersatzansprüche wegen illegaler Fahrzeug-Manipulationen selbst bei einer fahrlässigen Schädigung bestehen. Von einer verbraucherfreundlichen Entscheidung könnten mehrere Millionen PKW-Besitzer in ganz Europa profitieren.

Abgasskandal: Entschädigung auch bei fahrlässiger Schädigung?

Insgesamt werden die EuGH-Richter sieben Fragen, die das Landgericht (LG) Ravensburg den Luxemburger Richtern im Rahmen eines Abgasskandal-Verfahrens gestellt hat, beantworten. Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie die EuGH-Richter die vierte Frage des Ravensburger Fragenkatalogs beantworten. Diese befasst sich nämlich mit möglichen Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit einer fahrlässigen Schädigung seitens des verantwortlichen Fahrzeugherstellers.

Die Beantwortung dieser Frage ist nicht zuletzt deshalb relevant, weil der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in der Vergangenheit Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal lediglich bei einer sittenwidrigen – also mutwilligen – Schädigung sah. Der Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung ist allerdings oftmals nur schwer nachweisbar. Konkret müsste nämlich beispielsweise belegt werden, dass die jeweilige Fahrzeug-Manipulation in der Führungsetage des Herstellers angeordnet wurde. Entsprechende Informationen sind der Öffentlichkeit bzw. den betroffenen PKW-Besitzern allerdings häufig nicht zugänglich.

EuGH-Generalanwalt veröffentlichte bereits verbraucherfreundlichen Schlussantrag

Sollten die EuGH-Richter nun entscheiden, dass selbst eine fahrlässige Schädigung ausreicht, um Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals zu rechtfertigen, müssten auch die deutschen BGH-Richter ihre bisherige Rechtsauslegung in der Sache noch einmal anpassen. Das würde dazu führen, dass Abgasskandal-Ansprüche in Zukunft noch einfacher durchzusetzen wären als bislang.

Dass es am Europäischen Gerichtshof zu einer verbraucherfreundlichen Entscheidung kommt, ist derweil sehr wahrscheinlich. Bereits im Juni 2022 positionierte sich der zuständige EuGH-Generalanwalt nämlich im Rahmen eines Schlussantrages in diese Richtung und die Richter am EuGH folgen der Rechtsauffassung ihrer Generalanwaltschaft in fast jedem Fall.

Generalanwalt Athanasios Rantos verkündete damals, dass betroffene PKW-Halter unabhängig von der Art der Schädigung ein Schaden entsteht. Deshalb sollten diese auch in jedem Fall Anspruch auf Schadensersatz haben. Nun müssen die EuGH-Richter abschließend klären, ob sie sich dieser Meinung anschließen und damit ein eindeutiges Signal an sämtliche Zivilgerichte in der gesamten EU senden.

Das sind die Hintergründe des Verfahrens

In dem Verfahren am Landgericht Ravensburg, das sich in der Sache an den Europäischen Gerichtshof gewandt hat, geht es um einen manipulierten Mercedes-Benz C 220 CDI. Das Fahrzeug enthält einen Diesel-Motor des Typs OM651. Dieser Motor arbeitet mit einem sogenannten Thermofenster. Das ist eine Abschalteinrichtung, die nur bei bestimmten Temperaturen – in der Regel etwa 15 bis 30 Grad – für eine korrekte Abgasreinigung sorgt. Außerhalb dieses Fensters stoßen die manipulierten PKW hingegen ein Vielfaches der zulässigen Schadstoffmengen aus. Daher hätten sie eigentlich nie zugelassen werden dürfen.

In der Vergangenheit zweifelten die deutschen BGH-Richter allerdings an, dass Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Verwendung von Thermofenstern bestehen, weil eine sittenwidrige Schädigung in dem Fall nur schwer nachweisbar ist. Das könnte sich allerdings ab dem 21. März ändern. Eine verbraucherfreundliche EuGH-Entscheidung hätte zudem nicht nur Einfluss auf Klagen von Mercedes-Benz-Besitzern, sondern auch auf die Klagen von PKW-Haltern von zum Beispiel Fiat-, Volkswagen-, Audi und Opel-Fahrzeugen.

Die Rechtsansprüche von betroffenen PKW-Besitzern

Nachweislich manipulierte Autos haben wegen des Abgasskandals teilweise enorm an Wert verloren. Durchgeführte Software-Updates, die eigentlich nur die Abgasreinigung der betroffenen Autos normalisieren sollten, können zudem zu unvorhersehbaren Folgeschäden führen. Generell hätten wohl die meisten betroffenen PKW-Besitzer ihre Autos nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn der Abgasskandal zum Kaufzeitpunkt bereits bekannt gewesen wäre. Deshalb können Verbraucher wegen der Manipulationen Schadensersatzansprüche geltend machen.

Vom Abgasskandal betroffene Verbraucher haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre manipulierten Autos an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es oftmals auch möglich, das jeweilige Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrages des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Die Kanzlei Goldenstein berät betroffene Verbraucher kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache.

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