06.
Mai 2021

EA 288-Motor: Oberlandesgericht verurteilt VW wegen Abgasskandal

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat Volkswagen aktuell dazu verurteilt, dem Halter eines VW-Fahrzeugs mit EA 288-Motor Schadensersatz zu zahlen. Die verantwortlichen Richter sehen es als erwiesen an, dass der Wolfsburger Konzern auch den EA 288-Motor illegal manipuliert hat. Damit haben nun bereits drei deutsche Oberlandesgerichte VW in der Sache verurteilt. Zuvor sprachen bereits die Oberlandesgerichte in Köln und Düsseldorf betroffenen PKW-Haltern eine Entschädigung für die Rückgabe ihres PKW zu.

Interne VW-Dokumente belegen Manipulationen des EA 288-Motors

Der EA 288-Motor ist der Nachfolger des nachweislich manipulierten Diesel-Motors EA189, der im Zentrum des 2015 aufgedeckten Dieselskandals stand. Auch der EA288 steht bereits seit einigen Jahren unter Manipulationsverdacht und die Staatsanwaltschaft Braunschweig ließ deshalb sogar mehrere Razzien in VW-Geschäftsgebäuden durchführen. Interne VW-Dokumente, die während der Durchsuchungen entdeckt wurden, sollen die erneuten Manipulationen belegen.

Das sind die Hintergründe des Verfahrens

Auch der Halter eines VW Golf mit EA 288-Motor vermutete in seinem Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung uns ging deshalb juristisch gegen VW vor. Der VW-Fahrer erwarb seinen PKW im Jahr 2017 auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Damals ahnte er nicht, dass das Fahrzeug möglicherweise manipuliert wurde.

Als er von dem EA 288-Abgasskandal erfuhr, reichte er eine Schadensersatzklage gegen Volkswagen ein. Nun verurteilte das OLG Naumburg Volkswagen in der Sache zur Auszahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 21.000 Euro. Im Gegenzug darf der Kläger sein Fahrzeug an VW zurückgeben.

OLG Naumburg sieht EA 288-Abgasskandal als erwiesen an

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der VW Golf Zulassungstests erkennen kann und in diesem Moment in einen umweltfreundlicheren Modus schaltet, als es im normalen Straßenbetrieb der Fall ist. Um diesen Umstand zu beweisen, hatte das OLG Naumburg extra interne Dokumente von Volkswagen angefordert. Aus diesen geht hervor, dass die Fahrzeuge mit EA 288-Motoren Testsituationen erkennen, da das Lenkrad in diesem Fall nicht bewegt wird. In diesem Moment schalten die PKW in einen umweltfreundlichen Modus.

Im Normalbetrieb, wenn das Lenkrad bewegt wird, funktioniert die Abgasreinigung hingegen nicht korrekt. In diesem Fall stoßen die PKW unerlaubt viele Stickoxide aus. Daher hätten EA 288-Autos eigentlich nie zugelassen werden dürfen. Stattdessen droht nun im schlimmsten Fall sogar der Entzug der Straßenzulassung. Damit muss sich der Kläger nun allerdings nicht mehr befassen, denn er darf seinen manipulierten PKW an Volkswagen zurückgeben.

VW gerät im EA 288-Abgasskandal massiv unter Druck

VW setzt dieses Urteil unter Druck. Der Konzern streitet die Manipulationsvorwürfe ab und gibt an, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) keine Abschalteinrichtung in Fahrzeugen mit EA 288-Motor entdeckt hat. Jüngst veröffentlichte Dieselskandal-Akten der deutschen Zulassungsbehörde belegen allerdings, dass das KBA die EA 288-Fahrzeuge gar nicht überprüft hat. Stattdessen vertraute das Kraftfahrt-Bundesamt blind auf Messergebnisse, die VW selbst bereitgestellt hat. Die Richter des OLG Naumburg stehen dieser ausbleibenden Kontrolle durch das KBA mehr skeptisch gegenüber und machten dies auch in ihrem Urteil deutlich.

Volkswagen versuchte zuvor, die Veröffentlichung der Dieselskandal-Akten zu verhindern. Als dies nicht mehr möglich war, kämpfte der Automobilkonzern dafür, dass wenigstens die Abschnitte über den EA288-Motor geschwärzt werden. Das Verwaltungsgericht Schleswig entschied allerdings, dass auch diese Passagen vom KBA an die Deutsche Umwelthilfe (DUH) übermittelt werden müssen. Die Behörde folgte der richterlichen Anordnung und die DUH machte die Akten der Öffentlichkeit zugänglich.

Verbraucheranwalt: Stilllegung droht

„Das Urteil des OLG Naumburg wird definitiv eine Signalwirkung für andere Gerichte in Deutschland haben. Die verantwortlichen Richter haben sich der Sache vorbildlich angenommen und diesen Betrug juristisch unbestreitbar nachgewiesen. Deshalb ließ das OLG Naumburg auch keine Revision zu. Den Haltern von Fahrzeugen mit EA 288-Motor empfehle ich, sich unbedingt rechtlich beraten zu lassen”, meint der Rechtsanwalt Claus Goldenstein und ergänzt:

“Die aktuellen Entwicklungen in der Sache belegen eindeutig, dass Volkswagen sich bei der Entwicklung des EA 288-Motors keinesfalls an die vorgeschriebenen EU-Umweltregularien gehalten hat. Das bedeutet, dass die betroffenen Fahrzeuge jederzeit die Straßenzulassung verlieren können. Schließlich erfüllen sie die Zulassungskriterien der Europäischen Union nicht. Wir von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene PKW-Halter gern kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache.”

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. In dem Fall setzt sich die jeweilige Entschädigungssumme aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.

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