25.
Nov 2020

Ein halbes Jahr nach dem BGH-Urteil im VW-Abgasskandal: Die Bilanz

Heute vor genau sechs Monaten hat die Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte das erste Bundesgerichtshof-Urteil im Abgasskandal erwirkt. Dadurch wurde mehreren Millionen Fahrzeughaltern im Dieselskandal zu Rechtssicherheit verholfen. Grund genug, um Bilanz zu ziehen: Was hat sich seitdem getan? Was müssen betroffene Verbraucher aktuell wissen? Welche Entscheidungen stehen im Dieselskandal noch aus? 

BGH-Kläger erhielt trotz intensiver Nutzung 95 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises 

Seit dem BGH-Urteil vom 25. Mai 2020 steht fest: Die Halter von manipulierten Fahrzeugen können diese an den jeweiligen Hersteller zurückgeben. Dafür erhalten sie den ursprünglichen Kaufpreis sowie Verzugszinsen ab dem Tag der Klage-Erhebung. Lediglich die bisherige Laufleistung müssen sich Dieselskandal-Halter in Form einer sogenannten Nutzungsentschädigung negativ anrechnen lassen.  

Insgesamt überwies VW dem BGH-Kläger 29.805,32 Euro für seinen manipulierten VW Sharan, obwohl er diesen vor knapp sechs Jahren für nur 1.700 Euro mehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt gekauft und seitdem rund 50.000 Kilometer genutzt hat. Vergleichbare Modelle werden aktuell für gerade einmal rund 18.000 Euro gehandelt. Der Dieselskandal hat für einen enormen Wertverlust gesorgt. 

 

Rechtsanwalt Claus Goldenstein rät Verbrauchern weiterhin dazu, sich zu wehren 

„Zahlreiche PKW-Halter haben sich bewusst dazu entschieden, ein umweltfreundliches Fahrzeug zu kaufen und wurde von der Automobilindustrie enttäuscht. Während der Gebrauchtwagen-Marktwert der betroffenen PKW durch den Skandal extrem gesunken ist, lassen sich jedoch faire Schadensersatzansprüche durchsetzen. Auf das BGH-Urteil verweisen sämtliche deutschen Amts-, Landes- und Oberlandesgerichte”, erklärt Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte. 

  

Dank BGH-Urteil: Schadensersatz selbst am Gerichtsstand von VW 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshof hat seine Signalwirkung im Dieselskandal nicht verfehlt. Seit dem 25. Mai 2020 sprechen selbst die Richter am Gerichtsstand von VW – in Braunschweig – betroffenen Haltern Schadensersatz zu. Zuvor hatten sich die Braunschweiger Richter stets auf die Seite von VW geschlagen. Dies ist nun nicht mehr möglich.  

“Im Fall von Betrug bzw. sittenwidriger Handlung ist es für Kläger möglich, ihre Rechte am eigenen Gerichtsstand oder dem der beklagten Partei durchzusetzen.  Die Richter in Braunschweig waren deshalb im Dieselskandal besonders kritisch. Hätten sie VW im Rahmen des Skandals stets zur Zahlung von Entschädigungen verurteilt, hätten wohl mehrere Millionen Fahrzeughalter aus ganz Europa ihren Entschädigungsanspruch in Braunschweig angemeldet.  

In der Folge wären die dortigen Gerichte komplett überlastet gewesen. Nun haben sämtliche Verbraucher aus ganz Europa jedoch die Gewissheit, dass ihnen in Braunschweig Schadensersatz im Dieselskandal zugesprochen wird. Betroffenen Haltern raten wir nun einmal mehr dazu, ihre Rechte durchzusetzen und sich gegen diesen Betrug zu wehren”, erklärt Claus Goldenstein.    

  

Auch andere Hersteller manipulierten Fahrzeuge – selbst Wohnmobile sind betroffen 

Mittlerweile ist jedoch klar, dass nicht nur Volkswagen die eigenen PKW illegal manipuliert hat. Auch Mercedes-Benz-, BMW- und Volvo-Fahrzeuge enthalten beispielsweise illegale Abschalteinrichtungen. Tatsächlich steht nahezu jeder Fahrzeughersteller unter Manipulationsverdacht.  

Seit kurzem ist sogar die Camping-Szene vom Abgasskandal betroffen: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt verkündete nämlich, dass allein in Deutschland rund 200.000 manipulierte Fiat- und Iveco-Fahrzeuge manipuliert wurden – darunter zahlreiche Wohnmobile. Der Abgasskandal kann also noch lange nicht für beendet erklärt werden. 

Zeitnah werden bereits die nächsten Grundsatzurteile in der Sache erwartet. So muss sich Daimler – der Mutterkonzern von Mercedes-Benz – im Dezember wegen des Dieselskandals vor dem Bundesgerichtshof verantworten. Sollten die BGH-Richter die Fahrzeugmanipulationen bei Daimler ebenfalls als illegal werten, könnten abermals mehrere Millionen Fahrzeughalter aus ganz Europa Schadensersatzansprüche durchsetzen.  

 

BGH befasst sich mit Verjährungsfrist im Abgasskandal 

Darüber hinaus befasst sich der BGH im Dezember mit der Verjährungsfrist im VW-Abgasskandal. Im Fall von Betrug oder sittenwidriger Schädigung gilt in Deutschland grundsätzlich eine Verjährungsfrist von drei Jahren zum Jahresende ab Kenntnis der geschädigten Personen.  

Sollten die Richter am BGH entscheiden, dass Verbraucher bereits 2015 im Zuge der von VW veröffentlichten Ad hoc-Meldung vollständige Kenntnis über den Dieselskandal hatten, wären die Rechte betroffener PKW-Besitzer bereits am 01. Januar 2019 verjährt gewesen. Zahlreiche Rechtsexperten erwarten jedoch, dass am BGH ein verbraucherfreundliches Urteil gefällt wird und betroffene VW-Halter selbst heute noch die Möglichkeit haben, ihre Rechte im Abgasskandal durchzusetzen. 

   

VW-Abgasskandal: Software-Update und weitere Motoren wurden manipuliert 

Darüber hinaus sorgen die BGH-Richter im Februar 2021 für Klarheit, was die Legalität des VW-Software-Updates angeht. In zwei Verfahren geht es um manipulierte VW-Fahrzeuge, die im Rahmen einer Rückrufaktion von VW ein Software-Update erhielten. Dieses sollte die Abgasreinigung der Autos normalisieren. Die Kläger geben nun jedoch an, dass auch das Software-Update eine illegale Abschalteinrichtung enthält.   

Tatsächlich deckte das ARD-Fernsehmagazin Kontraste bereits im Jahr 2019 auf, dass die Abgaseinrichtung bei upgedateten VW-Diesel-Fahrzeugen nur bei Temperaturen zwischen 15 und 33 Grad korrekt funktionieren. Dieses sogenannte Thermofenster hat zur Folge, dass die PKW bei vor allem bei niedrigen Temperaturen teilweise noch mehr Schadstoffe ausstoßen als vor dem Update. Für betroffene Fahrzeughalter heißt das, dass ihre Fahrzeuge die geltenden Umweltregularien trotz des Updates nicht erfüllen. 

Neben dem VW-Software-Update stehen aber auch weitere VW-Motoren unter Manipulationsverdacht. So sollen PKW aus dem gesamten Konzern mit manipulierten Motoren der Typen EA 288, EA 897 und EA 898 ausgestattet worden sein. Gerichte in ganz Deutschland haben in diesen Motoren illegale Abschalteinrichtungen festgestellt und betroffenen Haltern Schadensersatz zugesprochen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch der BGH dies so beurteilt. 

  

Claus Goldenstein: Der Dieselskandal wird uns noch Jahre beschäftigen 

Der Dieselskandal wird uns wohl noch mehrere Jahre beschäftigen”, meint Claus Goldenstein. Er ergänzt: “Mit unserem BGH-Urteil im Mai konnten wir Rechtsgeschichte schreiben und ein großes Stück Klarheit in der Sache schaffen. Noch immer gibt es jedoch zahlreiche Fragezeichen, die geklärt werden müssen. Wir von der Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass Verbrauchern Gerechtigkeit erhalten und die Automobilindustrie ihre Gewinne nicht länger auf Kosten der eigenen Kunden sowie der Umwelt maximieren kann.” 

   

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal   

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten.    

   

So setzen sich die Entschädigung zusammen   

Die jeweilige Entschädigungssumme im Abgasskandal setzt sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen.  

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