20.
Mai 2022

EuGH-Schlussantrag zu Mercedes-Abschalteinrichtung steht bevor

Auch Mercedes-Benz hat Diesel-Fahrzeuge illegal manipuliert und betroffene Fahrzeughalter können deshalb Entschädigungen durchsetzen. Aktuell befasst sich sogar der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Mercedes-Abgasskandal und ein verbraucherfreundliches Urteil in der Sache könnte die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Abgasskandal sogar herstellerübergreifend erleichtern. Zunächst wird der zuständige Generalanwalt am 02. Juni 2022 seinen Schlussantrag veröffentlichen.

Schadensersatz für fahrlässige Manipulation?

Konkret befasst sich der Europäische Gerichtshof mit insgesamt sieben Fragen, die das Landgericht (LG) Ravensburg im Rahmen eines Verfahrens zum Mercedes-Abgasskandal an die obersten Zivilrichter der Europäischen Union gerichtet hat. Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie die EuGH-Richter die vierte Frage des Ravensburger Fragenkatalogs beantworten.

So möchte das LG Ravensburg wissen, ob die Halter von manipulierten Autos auch dann Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn die jeweilige Manipulation fahrlässig erfolgte. Sollte der EuGH diese Frage bejahen, setzt das die gesamte Automobilindustrie massiv unter Druck. Bislang konnten einige Autohersteller nachweisliche Manipulationen nämlich vor Gericht als fahrlässig kategorisieren lassen und sich somit vor der Auszahlung von Schadensersatz drücken.

BGH: Nutzung von Thermofenstern ist “nur” fahrlässige Manipulation

In der Vergangenheit entschied beispielsweise der deutsche Bundesgerichtshof (BGH), dass der Einbau einer temperaturgesteuerten Abschalteinrichtung allein nicht ausreiche, um Schadensersatzansprüche im Abgasskandal zu rechtfertigen.

Das liege laut BGH daran, dass die Sittenwidrigkeit bei der Nutzung eines solchen Thermofensters nicht gegeben sei. Stattdessen handle es sich um eine fahrlässige Manipulation. Sogenannte Thermofenster wurden demnach nicht so konzipiert, dass sie amtliche Abgastests erkennen und ausschließlich in diesen Situationen weniger Schadstoffe ausstoßen, denn sie funktonieren im Normalbetrieb genau wie auf dem Prüfstand.

EuGH bewertete Thermofenster schon als unzulässig

Tatsächlich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Verwendung von Thermofenstern allerdings schon als illegal kategorisiert. Fahrzeuge mit eingebauten Thermofenstern erfüllen nämlich in der Regel nur bei einer Außentemperatur von ungefähr 15 bis 30 Grad die vorgeschriebenen EU-Umweltrichtlinien. Außerhalb dieses Temperaturfensters stoßen betroffene Fahrzeuge unerlaubt viele Schadstoffe aus.

In den meisten europäischen Ländern herrschen allerdings fast ganzjährig Durchschnittstemperaturen, die unter bzw. über diesen Werten liegen. Während amtlicher Abgastests betrug die Außentemperatur hingegen im Normalfall etwa 25 Grad, weshalb Fahrzeuge mit eingebauten Thermofenstern trotz dieser Manipulation für den europäischen Straßenverkehr zugelassen wurden.

Für die Halter von Fahrzeugen mit temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen wird der 02. Juni daher ein wichtiger Termin sein. Sollte der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos dann verkünden, dass auch eine fahrlässige Manipulation laut EU-Recht Schadensersatzansprüche rechtfertigen, wäre das bereits eine Vorentscheidung in der Sache. Die EuGH-Richter folgen der Meinung der Generalanwaltschaft nämlich in fast jedem Fall.

Abgasskandal: Schadensersatzansprüche bestehen

Der angekündigte Schlussantrag wird von der gesamten Automobilindustrie aufmerksam beobachtet, denn fast alle namhaften PKW-Hersteller haben in der Vergangenheit Thermofenster eingesetzt. Dazu zählen neben Mercedes-Benz unter anderem auch Volkswagen, Volvo, Fiat und Opel.

Die nachweislich manipulierten Autos haben wegen des Skandals enorm an Wert verloren. Durchgeführte Software-Updates, die eigentlich nur die Abgasreinigung der betroffenen Autos normalisieren sollten, können zudem zu unvorhersehbaren Folgeschäden führen. Generell hätten wohl die meisten betroffenen PKW-Besitzer ihre Autos nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn der Abgasskandal zum Kaufzeitpunkt bereits bekannt gewesen wäre. Deshalb können Verbraucher wegen der Manipulationen Schadensersatzansprüche geltend machen.

Die Rechtsansprüche von betroffenen PKW-Besitzern

Vom Abgasskandal betroffene Verbraucher haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre manipulierten Autos an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrages des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Die Kanzlei Goldenstein berät betroffene Verbraucher kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache.

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