10.
Okt 2022

Europäischer Gerichtshof leitet im November vermutlich Diesel-Rückrufwelle ein

Werden Umweltverbände bald dafür sorgen, dass deutschlandweit erneut mehrere Millionen Diesel-Fahrzeuge zurückgerufen werden müssen? Die Weichen hierfür könnte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits am 8. November stellen. An diesem Tag werden Europas oberste Zivilrichter nämlich eine Entscheidung verkünden, die mittelfristig sehr wahrscheinlich zu einer solchen Rückrufwelle führen wird.

Diese Fragen sollen die EuGH-Richter beantworten

Konkret wird sich der Europäische Gerichtshof mit mehreren Vorlagefragen des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts befassen. Dort geht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen die Typengenehmigung von verschiedenen Diesel-Fahrzeugen durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vor.

Das Schleswiger Gericht möchte nun von den EuGH-Richtern wissen, ob eine Umweltorganisation überhaupt eine erteilte Typengenehmigungen anfechten darf. Falls diese Frage bejaht wird, sollen die Luxemburger Juristen zudem beantworten, unter welchen Umständen eine Abschalteinrichtung gemäß EU-Recht zulässig ist.

Deshalb wurden Abschalteinrichtungen in Millionen Diesel-Fahrzeugen eingesetzt

Der Abgasskandal beschäftigt die europäische Justiz bereits seit sieben Jahren. Nachdem die Manipulationen von Volkswagen im Jahr 2015 aufflogen, wurde schnell klar, dass auch zahlreiche andere Hersteller ihre Diesel-Fahrzeuge manipuliert haben. Insgesamt wurden daher bis heute mehr als vier Millionen PKW in Deutschland wegen der Verwendung von illegalen Abschalteinrichtungen zurückgerufen.

Entsprechende Abschalteinrichtungen sorgen dafür, dass Diesel-Autos ihre Abgasreinigung unter bestimmten Umständen herunterfahren und dann unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen. Das ist laut EU-Recht allerdings nur erlaubt, um beispielsweise unmittelbare Gefahrensituationen zu verhindern.

Viele Abschalteinrichtungen reduzieren die Abgasreinigung jedoch nicht nur vor Gefahrensituationen, sondern vor allem unter den Bedingungen von amtlichen Abgastests. Das liegt daran, dass sich die verantwortlichen Hersteller dadurch hohe Investitionen in teure Abgastechnik sparen und die eigenen Margen optimieren konnten. Schließlich wurden die manipulierten Autos auf diesem Weg für den europäischen Straßenverkehr zugelassen, obwohl sie im normalen Straßenbetrieb fast immer unerlaubt viele Schadstoffe ausstießen.

EuGH-Generalanwalt: Umweltvereinigungen dürfen Typengenehmigungen anfechten

Mehrere Millionen Fahrzeuge wurden bislang aber noch immer nicht vom deutschen Kraftfahrt-Bundesamt zurückgerufen, obwohl diese entsprechende Abschalteinrichtungen enthalten. Weil die manipulierten Autos die Umwelt demnach weiterhin auf unerlaubte Weise verschmutzen, geht die DUH juristisch gegen die Typengenehmigungen dieser Fahrzeuge vor.

Der EuGH wird der Umweltorganisation bei diesem Vorhaben nun vermutlich den Rücken stärken. Die EuGH-Generalanwaltschaft stellte nämlich bereits im März Rahmen eines Schlussantrages fest, dass Umweltvereinigungen ihrer Meinung nach gegen bereits erteilte PKW-Typengenehmigungen vorgehen dürfen. Außerdem stellte der Generalanwalt Athanasios Rantos hohe Hürden für die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung auf.

Konkret sagte Rantos, dass für die Prüfung der Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung keine anderen Umstände als die Notwendigkeit dieser Abschalteinrichtung zu berücksichtigen seien. Nun ist davon auszugehen, dass sich die EuGH-Richter dieser Rechtsauffassung anschließen werden. Folglich wären fast alle in Europa verwendeten Abschalteinrichtungen unzulässig und die damit verbundenen Typengenehmigungen früher oder später ungültig.

Mehrere Millionen Diesel-Fahrzeuge könnten zurückgerufen werden

Allein in Deutschland müssen sich die Halter von mehreren Millionen Diesel-Fahrzeugen, die unter den Schadstoffnormen Euro 5 und Euro 6 zugelassen wurden, im Anschluss an das EuGH-Urteil und den damit verknüpften Verfahren vor dem Schleswiger Verwaltungsgericht auf amtliche Rückrufe ihrer Fahrzeuge einstellen.

Selbst Diesel-PKW, die bereits im Zusammenhang mit dem Abgasskandal zurückgerufen wurden und ein Software-Update zur Normalisierung ihrer Abgasreinigung aufgespielt bekommen haben, könnten abermals von Rückrufen betreffen werden. Teilweise enthalten nämlich selbst solche Updates illegale Abschalteinrichtungen. Beispielsweise geht die DUH auch gegen die Genehmigung eines Software-Updates von Volkswagen vor.

Weitere EuGH-Entscheidung könnte Abgasskandal-Klagen vereinfachen

Wer einen Rückruf seines Autos enthält, sollte sich unbedingt rechtlich beraten lassen. Der bisherige Verlauf des Abgasskandals hat nämlich bereits gezeigt, dass illegal manipulierte Fahrzeige unter anderem hohe Wertverluste erleiden. Zudem sind auch Folgeschäden aufgrund der Manipulationen oft nicht auszuschließen. Betroffene Fahrzeughalter haben daher die Option, Schadenersatzansprüche durchzusetzen.

Auch diesbezüglich könnte der EuGH Verbrauchern noch im November den Rücken stärken. Es wird nämlich erwartet, dass die Richter dann im Rahmen eines anderen Verfahrens entscheiden werden, dass selbst eine fahrlässige Schädigung ausreicht, um Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal zu rechtfertigen. Dieses Urteil würde die Durchsetzung von Diesel-Klagen künftig enorm vereinfachen.

Die bestehenden Rechtsansprüche im Abgasskandal

Die Halter von manipulierten Autos haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrages des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Die Experten von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene Halter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache. Mit dem Online-Schnellcheck der Kanzlei können Verbraucher zudem in wenigen Schritten prüfen, ob sie wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben und wie hoch dieser Anspruch ausfällt.

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