02.
Aug 2021

Die Fiat Serviceaktion 6042: Vorsicht vor dem freiwilligen Software-Update

Seit Ende 2016 kontaktiert Fiat die Halter von diversen Ducato-Modellen bzw. Wohnmobilen, die auf Basis dieser Fahrzeuge gebaut wurden, wegen der Serviceaktion 6042. Im Rahmen dieser Serviceaktion möchte der italienische Autobauer die Euro 6 Kalibrierungen der betroffenen Fahrzeuge mit neuen Datensätzen aktualisieren, was laut Fiat zu einer Verbesserung der Leistungen hinsichtlich der Emissionen bei tatsächlichen Fahrbedingungen führen soll. Hinter diesen technischen Formulierungen verbirgt sich eine allerdings bittere Aussage: Die betroffenen Autos sind vom Abgasskandal betroffen.

Diese Fahrzeuge sollen ein Software-Update erhalten

Das Schreiben richtete sich an Halter von Fahrzeugen mit folgenden Motoren: 2.0 Multijet Euro 6, deren Fahrgestellnummern im Intervall zwischen 02A55300 und 02C09663 liegen sowie 2.3 Multijet Euro 6, deren Fahrgestellnummern im Intervall zwischen 02689029 und 02024820 liegen. Vor allem Wohnmobil-Besitzer wurden häufig wegen der Serviceaktion kontaktiert, denn der Fiat Ducato bildet die Basis von rund zwei Dritteln aller Reisemobile.

Ein Software-Update ist jedoch kein harmloser Eingriff. Dadurch soll die Abgasreinigung der betroffenen PKW normalisiert und eine Stilllegung der Fahrzeuge verhindert werden. Da die Abgasskandal-Autos allerdings nicht für eine derartige Schadstoff-Filterung konzipiert wurden, kritisieren zahlreiche Autoexperten die unvorhersehbaren Folgen der Updates.

Die möglichen Folgen von Software-Updates

Tatsächlich beklagt sich jeder zweite Halter eines illegal manipulierten Fahrzeugs über Folgeprobleme der Software-Updates, wie der Vereine für Konsumenteninformation (VKI) im Rahmen einer Umfrage herausfand. Die Schäden reichen von kleineren Mängeln, wie einem unangenehmen Geruch, bis hin zu kompletten Motorausfällen. Oft treten Folgeschäden am Fahrzeug zudem erst nach mehreren Monaten oder Jahren auf.

Daher sollten sich Autobesitzer sofort anwaltlich beraten lassen, wenn sie ein Software-Update auf ihrem Fahrzeug installieren lassen sollen. Das ist auch dann der Fall, wenn dies in Folge eines amtlichen Rückrufs geschehen soll.

Da es sich bei der Serviceaktion 6042 sogar um ein freiwilliges Update ohne offiziellen Rückruf handelt, kann und sollte die Durchführung der Software-Aktualisierung von betroffenen Ducato-Haltern in jedem Fall abgelehnt werden. Fiat führt Reparaturen nach einem Software-Update nämlich nur dann kostenfrei durch, wenn der Besitzer den Zusammenhang zwischen Schaden und Update direkt beweisen kann. Das ist in der Praxis jedoch kaum machbar.

Fiat-Abgasskandal war den Behörden bereits 2016 bekannt

Der Fiat-Abgasskandal soll den Behörden bereits 2016 bekannt gewesen sein. Damals soll Bosch dem deutschen Verkehrsministerium gebeichtet haben, dass der Automobilzulieferer nicht nur VW, sondern auch Fiat eine Software bereitstellte, mit der der italienische Konzern seine Fahrzeuge illegal manipulieren konnte.

Unabhängige Abgastests bestätigten den Vorwurf der Manipulation daraufhin. Demnach schaltet die Abgasreinigung der betroffenen Fiat-Fahrzeuge nach 22 Minuten komplett ab. Amtliche Abgastests, die für die Bescheinigung der Straßenzulassung durchgeführt werden, dauern im Normalfall nur etwa 20 Minuten an. Wenige Minuten später überschreiten die Fiat-Autos die zulässigen Schadstoff-Grenzwerte teilweise um das 15-fache.

Schützt die italienische Regierung Fiat?

Dass es im Rahmen des Fiat-Abgasskandals bislang dennoch zu keinem offiziellen Rückruf kam, liegt an der Untätigkeit der italienischen Behörden. Da die manipulierten Fiat-Autos in Italien zugelassen wurden, sind die italienischen Behörden auch für den Rückruf der PKW zuständig. Die italienischen Beamten einigten sich mit Fiat bislang allerdings nur darauf, dass der Konzern ein freiwilliges Software-Update entwickelt, um die Abgasreinigung der betroffenen Autos zu normalisieren.

Offiziell gibt Italien sogar an, dass die Abschaltung der Abgasreinigung nach 22 Minuten mit den gesetzlichen Bestimmungen des Motorenschutzes zu vereinbaren sei. Dies steht allerdings im Gegensatz zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Demnach sind solche Abschalteinrichtungen illegal, wenn sich der Schadstoffausstoß der manipulierten PKW dadurch zwischen Abgastest und Normalbetrieb unterscheidet. Das ist bei den von Fiat verwendeten Abschalteinrichtungen definitiv der Fall.

Tatsächlich kann davon ausgegangen werden, dass auch die italienischen Behörden eigentlich ganz genau wissen, dass sich Fiat im Rahmen des Abgasskandals illegal verhalten hat. Jedoch scheinen die Italiener einen der größten Arbeitgeber des Landes schützen zu wollen. Dass auch ein großer Konzern nicht über dem Gesetz steht, beweist diesbezüglich die EU-Kommission. Diese hat wegen der ausbleibenden Rückrufe sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eröffnet. Insofern scheint die Anordnung offizieller Rückrufe in der Sache nur eine Frage der Zeit zu sein.

Die Rechtsansprüche im Rahmen des Fiat-Abgasskandals

Wer ein illegal manipuliertes Fiat-Fahrzeug besitzt, sollte sich unbedingt bezüglich der eigenen rechtlichen Möglichkeiten informieren. Der Abgasskandal bei Herstellern wie VW oder Daimler hat bereits gezeigt, dass die manipulierten Fahrzeuge unter anderem von enormen Wertverlusten betroffen sind und im schlimmsten Fall sogar stillgelegt werden können, wenn die Abgasreinigung nicht normalisiert werden kann.

Unter anderem deshalb haben betroffene PKW-Besitzer die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. So besteht die Option, das manipulierte Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben und im Gegenzug eine Entschädigung zu erhalten, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte zudem unter anderem, dass betroffene Halter auch Ansprüche auf ein neues, mangelfreies Fahrzeug durchsetzen können. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Gewährleistungsfrist in Höhe von zwei Jahren noch nicht eingetreten ist.

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