06.
Dez 2023

Nach BGH-Verhandlung: So geht es im Wohnmobil-Abgasskandal weiter

In der vergangenen Woche haben die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass auch Wohnmobil-Besitzer grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz wegen des Abgasskandals haben. Deutschlands oberste Zivilrichter sprachen dem Kläger allerdings keine Entschädigung zu, sondern verwiesen das Verfahren an das zustände Oberlandesgericht zurück. Wie geht es nun weiter im Wohnmobil-Abgasskandal?

Das sind die Hintergründe des BGH-Verfahrens

In dem BGH-Verfahren ging es um ein Wohnmobil der Marke Sunlight, das auf Basis eines Fiat Ducato gebaut und unter der Umweltnorm Euro 6 zugelassen wurde. Der Kläger hatte das Diesel-Fahrzeug im April 2018 für 52.300 Euro gekauft und weitere 5.483,03 Euro für die Finanzierung des Fahrzeugs aufgewendet.

Im Sommer 2020 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Frankfurt nach mehreren Razzien in Geschäftsgebäuden von Fiat eine Pressemitteilung, in der die Frankfurter Ermittler über illegale Abschalteinrichtungen in mehr als 200.000 Fiat-Fahrzeugen in Deutschland berichteten. Dass es sich bei einer Vielzahl der illegal manipulierten Fiat-Fahrzeuge um Wohnmobile handelt, liegt daran, dass der Fiat Ducato bei etwa zwei Dritteln aller Wohnmobile als Basismodell genutzt wird.

Als der Kläger erfuhr, dass auch die Abgasreinigung seines Wohnmobils illegal manipuliert wurde, ging er juristisch gegen Fiat bzw. dessen Mutterkonzern Stellantis vor und forderte Schadensersatz. Mit dieser Klage scheiterte der Mann im Jahr 2022 am Landgericht (LG) Bayreuth und dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Die BGH-Richter verwiesen das Verfahren nun an das zuständige Oberlandesgericht zurück.

Zurückverweisung ist extrem positives Signal

Dass das BGH-Verfahren an das zuständige Oberlandesgericht zurückverwiesen wird, ist ein extrem positives Signal für betroffene Wohnmobil-Besitzer. Generell haben die BGH-Richter bereits in der Pressemitteilung zu ihrer Entscheidung eindeutig hervorgehoben, dass sie Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Wohnmobil-Abgasskandal generell für gerechtfertigt halten.

Das vorliegende Verfahren wurde vor allem deshalb an das zuständige OLG zurückverwiesen, weil dort die Entschädigungsansprüche des Klägers abgewiesen wurden, obwohl die verantwortlichen Richter den Einbau einer illegalen Abschalteinrichtung in dem Fahrzeug des Klägers als erwiesen ansehen.

Als die Entscheidung der OLG-Richter verkündet wurde, gingen diese allerdings noch davon aus, dass Schadensersatzansprüche im Abgasskandal ausschließlich bei einer vorsätzlichen bzw. sittenwidrigen Schädigung durch den verantwortlichen Hersteller bestehen. Doch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat die Hürden für Abgasskandal-Klagen im März 2023 enorm gesenkt.

Demnach können die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen seitdem auch bei einer fahrlässigen Schädigung des PKW-Herstellers Schadensersatzansprüche durchsetzen. In dem Fall muss lediglich nachgewiesen werden, dass das jeweilige Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung enthält, was im Fall von Fiat beispielsweise mit Hilfe unabhängiger Abgastests bzw. Sachverständigengutachten vergleichsweise leicht machbar ist.

Fahrlässige Schädigung im Abgasskandal: Bis zu 15 Prozent des Kaufpreises gibt es zurück

Auch die BGH-Richter haben bereits auf die EuGH-Entscheidung reagiert und erklärt, dass betroffene Fahrzeughalter bei einer fahrlässigen Schädigung im Abgasskandal Differenzschadensersatzansprüche in Höhe von bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises geltend machen können. In dem konkreten Fall, der am BGH verhandelt wurde, geht es demnach um eine Entschädigung in Höhe von bis zu 7.845 Euro. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Von der BGH-Entscheidung aus der vergangenen Woche profitiert aber nicht nur der betroffene Kläger, sondern auch andere Halter von illegal manipulierten Wohnmobilen, die bislang noch keine Rechtsansprüche in der Sache durchgesetzt haben. Betroffene Fahrzeughalter sollten sich allerdings mit der Durchsetzung bestehender Ansprüche beeilen.

Das liegt daran, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Öffentlichkeit im Jahr 2020 im Rahmen einer Pressemitteilung ziemlich eindeutig über den Wohnmobil-Abgasskandal informierte und zivilrechtliche Ansprüche nach der Kenntnisnahme eines Schadens innerhalb von drei Jahren zum Jahresende verjähren. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte daher spätestens am 31.12.2023 eine Klage in der Sache einreichen, um keine Verjährung der eigenen Ansprüche zu riskieren

Diese rechtlichen Möglichkeiten haben betroffene Fahrzeughalter

Dass überhaupt Schadensersatzansprüche im Wohnmobil-Abgasskandal bestehen, liegt daran, dass die betroffenen Fahrzeuge durch die Manipulation Wertverluste und Folgeschäden erleiden können. Darüber hinaus hätten die betroffenen Fahrzeughalter ihre Wohnmobile wohl nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn der Abgasskandal zum Kaufzeitpunkt bereits bekannt gewesen wäre.

Im Rahmen einer Schadensersatzklage können die Halter von illegal manipulierten Wohnmobilen juristisch gegen den verantwortlichen Basisfahrzeug-Hersteller – also Fiat bzw. dessen Mutterkonzern Stellantis – vorgehen. Die Unternehmen, die die Fiat-Fahrzeuge zu Wohnmobilen ausgebaut haben, müssen sich hingegen nicht deswegen verantworten. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass Wohnmobil-Hersteller wie Hymer, Carthago oder Dethleffs von den illegalen Manipulationen wussten.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Sollte ein Verfahren unerwarteterweise verloren gehen, übernimmt der Prozesskostenfinanzierer hingegen sämtliche Verfahrenskosten und sogar die Anwaltskosten der Gegenseite. Die Kläger müssen in diesem Fall keinen Cent bezahlen.

Prüfen Sie jetzt Ihren Anspruch: