14.
Sep 2020

Nach Musterfeststellungsklage: Individualverfahren bis Oktober möglich

Im April dieses Jahres endete die sogenannte Musterfeststellungsklage (MFK) in einem Vergleich zwischen Volkswagen und dem Verbraucherzentrale Bundesverband. Die rund 260.000 anspruchsberechtigten Teilnehmer dieser Sammelklage sollten im Schnitt 3200 Euro als Entschädigung erhalten und im Gegenzug auf weitere Rechtsansprüche verzichten sowie ihre manipulierten PKW behalten. Mittlerweile ist klar, dass das Angebot für betroffene Halter nicht sehr lukrativ war. Wer nicht auf den Vergleich eingegangen ist, hat jedoch noch bis Mitte Oktober Zeit, um eine Individualklage zu starten. 

Individualklagen sind deutlich lukrativer als MFK-Vergleich 

Volkswagen bot den Klägern des Musterfeststellungsverfahrens zwischen 1350 und 6257 Euro als Entschädigung an – bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises. “Tatsächlich setzen wir von der Kanzlei Goldenstein über eine Individualklage durchschnittliche Einmalzahlungen in Höhe von 4600 Euro für unsere Mandanten durch. Im Normalfall lässt sich so 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises geltend machen. Mit dem Vergleich im Rahmen der Musterfeststellungsklage hat Volkswagen viele Verbraucher also nur günstig abgespeist. Für betroffene Fahrzeughalter hat das Vergleichsangebot keinen Sinn ergeben”, meint Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein. Er ergänzt:  

Über eine Individualklage haben die Halter manipulierter PKW zudem die Möglichkeit, die Rückabwicklung ihres Fahrzeugs durchzusetzen. Dafür gibt es in der Regel deutlich höhere Entschädigungen,  die nicht selten mehrere Zehntausend Euro hoch ausfallen. Darüber hinaus teilen uns unsere Mandanten häufig mit, dass sie ihren manipulierten PKW nicht behalten wollen, da sie sich betrogen fühlen und ein Verkauf sich oft nicht mehr rentiert. Die meisten Fahrzeuge haben durch den Skandal nämlich extrem an Wert verloren. 

 

Verjährung im VW-Abgasskandal noch nicht eingetreten 

Teilnehmer der Musterfeststellungsklage, die das Vergleichsangebot abgelehnt haben, können noch bis Mitte Oktober eine Individualklage durchsetzen, ohne dabei das Risiko der Verjährung ihrer Rechte einzugehen. VW selbst verweist nämlich immer wieder darauf, dass die geltende Verjährungsfrist bereits abgelaufen sei und betroffene Halter ihre Rechte nicht mehr durchsetzen können. Das ist jedoch nicht richtig und möglicherweise nur eine Taktik, um die Besitzer von manipulierten Dieselfahrzeugen davon abzuhalten, ihre Rechte durchzusetzen. Im Fall von Betrug oder sittenwidriger Schädigung gilt in Deutschland nämlich eine Verjährungsfrist von drei Jahren zum Jahresende ab Kenntnis sämtlicher Umstände der Täuschung. 

Tatsächlich ist der Dieselskandal jedoch bis heute nicht vollständig aufgeklärt und VW hat bis zuletzt bestritten, dass das Unternehmen eine rechtlich unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat. Zudem setzt die Kenntnis aller Umstände auch voraus, dass es eine gesicherte Rechtslage gibt. Diese  ist jedoch erst durch das BGH-Urteil im Jahr 2020 eingetreten. Zuvor waren die Land- und Oberlandesgerichte mehr als uneins darüber, ob Käufern ein Anspruch zusteht. Betroffene Halter haben also weiterhin die Möglichkeit, ihre Rechte durchzusetzen. 

Zahlreiche Rechtsschutzversicherer gehen ebenfalls davon aus, dass die Verbraucherrechte im VW-Dieselskandal noch nicht verjährt sind. Weiterhin decken diese daher die Kosten für aktuell eingereichte Klagen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe spätestens im kommenden Jahr mit dem Thema Verjährung auseinandersetzen wird und diesbezüglich endgültig für Klarheit sorgt. 

 

Das sind die Verbraucherrechte im Abgasskandal 

Vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei dem jeweiligen Hersteller geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten.  

 

So setzen sich die Volkswagen-Entschädigungen zusammen 

Die jeweilige Entschädigungssumme im Dieselskandal setzt sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen. 

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