18.
Mai 2021

Opel gerät im Abgasskandal unter Druck

Lange Zeit war es im Abgasskandal ruhig um Opel. Nun gerät der Rüsselsheimer Automobilhersteller in der Sache allerdings zunehmend unter Druck: Ein bislang unveröffentlichtes Gutachten, das von dem Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet wurde, belegt nämlich illegale Manipulationen von Opel. Das Bundesverkehrsministerium hielt diese Information jedoch jahrelang geheim.

Opel setzt im Abgasskandal auf Thermofenster

Die Ergebnisse des Gutachtens wurden nun veröffentlicht, da die Deutsche Umwelthilfe (DUH) per Gerichtsbeschluss Einsicht in diverse Unterlagen des Bundesverkehrsministeriums erhielt. Diese Akten machte die Umweltorganisation nun der Öffentlichkeit zugänglich.

Aus den Dokumenten geht unter anderem hervor, dass Opel in diversen Diesel-Fahrzeugen sogenannte Thermofenster eingesetzt hat. Diese sorgten dafür, dass die Opel-Autos die Umweltregularien nur während offizieller Zulassungstests erfüllten. Im normalen Straßenbetrieb stießen die PKW hingegen teilweise ein Vielfacher der zulässigen Schadstoffmengen aus.

EuGH-Urteil: Thermofenster sind illegal

Hinter der Begrifflichkeit Thermofenster verbirgt sich eine Abschalteinrichtung, die die Abgasreinigung von der Außentemperatur abhängig macht. Während bei Zulassungstests im Normalfall mehr als 20 Grad Celsius herrschen, wird dieser Außentemperatur-Wert ansonsten in Deutschland nur selten erreicht. PKW mit eingebauten Thermofenstern stoßen jedoch oft schon bei Temperaturen von weniger als 15 Grad deutlich mehr Schadstoffe aus, als es eigentlich erlaubt wäre. Daher ist die Verwendung einer solchen Abschalteinrichtung illegal.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im vergangenen Jahr entschieden, dass Abschalteinrichtungen unzulässig sind, wenn sich die Abgasreinigung dadurch zwischen dem Prüfstand und dem Normalbetrieb unterscheidet. So etwas wie ein Thermofenster sei laut der obersten Richter der EU nur dann zu rechtfertigen, wenn das jeweilige Fahrzeug ansonsten unmittelbare Schäden – zum Beispiel einen Motorausfall – erleiden würde.

Tatsächlich schützen die Thermofenster aber nur vor dem Verschleiß der manipulierten PKW. Von der Automobilindustrie wurde diese Form der Abschalteinrichtung vor allem gern genutzt, da Thermofenster deutlich günstiger sind als tatsächlich wirksame Abgas-Filteranlagen.

DUH-Berater kritisiert Verkehrsministerium

„Unsere Behörden lassen von unabhängiger Stelle ein Gutachten erstellen, in dem die Rechtmäßigkeit von Opels Abgasnachbehandlung eindeutig in Frage gestellt wird. Dieses Wissen wird aber nicht etwa mit zehntausenden betroffenen Fahrzeughaltern geteilt, sondern in der Schublade vergraben. Damit ist das Ministerium dafür verantwortlich, dass weiter sehr hoher Schadstoffausstoß unsere Atemluft vergiftet.

Außerdem bleiben die Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren rechtlichen Auseinandersetzungen gegen Opel allein. Das Wissen um das Gutachten und dessen Schlussfolgerungen hätten vor Gericht die Klageaussichten der Fahrzeughalter erheblich verbessert. Auch in diesem Fall war das Verkehrsministerium auf Seiten der Autohersteller und nicht der der Bürgerinnen und Bürger“, beklagt Axel Friedrich, wissenschaftlicher Berater der DUH.

Opel ließ freiwillige Software-Updates genehmigen

Bereits in der vergangenen Woche fiel Opel im Zusammenhang mit dem Abgasskandal auf. Der Autobauer hatte nämlich die Genehmigung „für eine freiwillige Servicekampagne zur Verbesserung des Emissions-Verhaltens von Fahrzeugen mit Dieselmotor“ erhalten.

Konkret möchte der deutsche Autohersteller rund 100.000 Diesel-Fahrzeuge aus den Baujahren 2014 bis 2018 mit einem freiwilligen Software-Update ausstatten, das die Abgasreinigung der Autos verbessern soll. Experten vermuten, dass der Hersteller einem offiziellen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zuvorkommen möchte.

Dies war bereits im Jahr 2018 der Fall. Damals genehmigte das Kraftfahrt-Bundesamt von Opel vorgelegte Updates, ordnete wenige Monate jedoch offizielle Rückrufe an. So monierte die deutsche Behörde, dass die Opel-Modelle Zafira, Cascada und Insignia aus den Baujahren 2013 bis 2016 die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien nicht erfüllten. Einen Widerspruch gegen diesen Rückruf lehnte das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein im Eilverfahren ab.

Rechtsanwalt: Opel-Halter sollten sich beraten lassen

“Wir von Goldenstein Rechtsanwälte vertreten bereits Halter von manipulierten Opel-Fahrzeugen und setzen uns dafür ein, endlich Klarheit in der Sache zu schaffen. Den Besitzern von illegal manipulierten Fahrzeugen drohen nämlich nicht nur enorme Wertverluste, sondern auch Stilllegungen. Gern beraten wir betroffene Opel-Besitzer kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten im Abgasskandal”, kommentiert der Rechtsanwalt Claus Goldenstein, Inhaber der gleichnamigen Kanzlei.

Schadensersatzansprüche im Dieselskandal

Wer ein illegal manipuliertes Fahrzeug besitzt, kann Schadensersatzansprüche geltend machen. So besteht die Möglichkeit, das manipulierte Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben und dafür eine Entschädigung zu erhalten, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert.

Alternativ gibt es auch die Option, das Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. Auf diesem Weg lassen sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form einer finanziellen Entschädigung durchsetzen. Diese Summe soll den Wertverlust kompensieren, der durch den Abgasskandal entstanden ist. Nachweislich manipulierte Fahrzeuge erzielen nämlich deutlich geringere Verkaufswerte als vergleichbare PKW, die nicht manipuliert wurden.

Opel muss drei Diesel-Modelle der Baureihen Zafira, Cascada und Insignia zurückrufen. Das entschied heute das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG). Bereits im Oktober 2018 hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den sofortigen Rückruf der Fahrzeuge veranlasst, doch der Rüsselsheimer Konzern legte eine Beschwerde dagegen ein. Diese Beschwerde wurde nun unwiderlegbar abgewiesen.

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