02.
Aug 2022

Diesel-Thematik: Bestehen Restschadensersatzansprüche bei EU-Reimporten?

Schadensersatzansprüche lassen sich in Deutschland im Normalfall innerhalb von drei Jahren zum Jahresende durchsetzen, nachdem der Betroffene von dem jeweiligen Schaden erfahren hat. Im Zusammenhang mit dem Abgasskandal können Neuwagenkäufer hingegen auch bis zu zehn Jahre nach dem Kauf- bzw. Übergabedatum ihres Fahrzeugs sogenannte Restschadensersatzansprüche durchsetzen, ohne eine Verjährung zu riskieren. Im Juni 2022 haben die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) geklärt, wie es sich diesbezüglich mit Fahrzeugen, die aus dem EU-Ausland importiert wurden, verhält. Solche Autos sind oft günstiger, weil sie nicht für den deutschen Markt produziert wurden.

Das sind die Hintergründe des BGH-Verfahrens

In dem BGH-Verfahren ging es um den Besitzer eines VW Tiguan. Der Kläger hatte den Neuwagen im August 2014 bei einem deutschen Händler als EU-Reimport für 30.000 Euro bestellt. Knapp einen Monat später wurde das Fahrzeug an den Mann übergeben. Der deutsche Händler hatte das Fahrzeug zuvor von einem Händler in einem anderen EU-Mitgliedstaat erhalten, der es direkt von Volkswagen erworben hatte.

Nachdem der VW-Abgasskandal im Jahr 2015 bekannt wurde, wurde schnell klar, dass das Fahrzeug des Klägers illegal manipuliert wurde. Daher erhielt dieser im Jahr 2016 ein Rückrufschreiben von VW. Daraufhin ließ er ein verpflichtendes Software-Update zur Normalisierung der Abgasreinigung auf sein Fahrzeug installieren.

2020 ging der Kläger wegen der Manipulation seines Autos juristisch gegen VW vor und forderte Schadensersatz. Gemäß der dreijährigen Verjährungsfrist wären seine Ansprüche demnach bereits verjährt. Am Oberlandesgericht Stuttgart sprachen die verantwortlichen Richter dem Mann allerdings Restschadensersatzansprüche zu. Doch Volkswagen ging gegen dieses Urteil in Revision. Nun mussten sich die BGH-Richter noch einmal mit der Sache befassen.

BGH-Entscheidung: Restschadensersatz auch bei EU-Reimporten möglich

Durch die Durchsetzung von Restschadensersatzansprüchen gemäß § 852 BGB sollen betroffene Verbraucher eine Entschädigung für die wirtschaftliche Bereicherung durch die Manipulationen erhalten. Schließlich haben die verantwortlichen Autobauer durch den Abgasskandal hohe Gewinne auf Kosten ihrer Kunden eingefahren. Nur die wenigsten PKW-Käufer hätten ihre Fahrzeuge zum Kaufzeitpunkt für denselben Preis erworben, wenn der Abgasskandal damals schon bekannt gewesen wäre.

Bereits in der Vergangenheit entschieden die BGH-Richter, dass zumindest Neuwagenkäufer wegen des Abgasskandals Anspruch auf Restschadensersatz haben. Schließlich hat der jeweilige Fahrzeughersteller in jedem Fall wirtschaftlich an dem Verkauf eines Neuwagens partizipiert. Doch wie verhält es sich mit EU-Reimporten, die als Neuwagenüber einen Zwischenhändler nach Deutschland kommen?

Diesbezüglich entschieden die obersten Zivilrichter, dass es auf den Einzelfall ankomme. So müsse geprüft werden, ob der Händler in Deutschland oder der Zwischenhändler im Ausland das Auto unabhängig von der Bestellung auf eigene Kosten und eigenes Risiko von VW gekauft hätten. Nur dann bestehe auch Anspruch auf Restschadensersatz. Da das Stuttgarter Oberlandesgericht dies im konkreten Fall nicht geprüft hatte, verwies der BGH das Verfahren nun noch einmal dorthin zurück.

Die Schadensersatzansprüche im Abgasskandal

Wegen des Abgasskandals haben nachweislich manipulierte Autos im Vergleich zu nicht manipulierten Fahrzeugen stark an Wert verloren. Außerdem sind unvorhersehbare Folgeschäden aufgrund durchgeführter Software-Updates nicht auszuschließen. Unter anderem deshalb haben betroffene Verbraucher die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche in der Sache durchzusetzen.

Die Besitzer von manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr manipuliertes Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ besteht auch die Option, das manipulierte Fahrzeug weiter zu nutzen und einen Teil des Kaufpreises als Entschädigung zu erstreiten. In diesem Fall lässt sich etwa 20 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises in Form von Schadensersatz durchsetzen.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Die Kanzlei Goldenstein berät betroffene Fahrzeughalter kostenfrei und unverbindlich bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache.

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