21.
Jun 2023

Aus Angst vor Diesel-Klagen: VW-Käufer sollen Freibrief unterzeichnen

VW behauptet, dass illegal manipulierte Diesel-Fahrzeuge des Konzerns nach einem Software-Update die gesetzlichen Vorschriften erfüllen. Wer aktuell einen upgedateten VW bei einem Vertragshändler von VW oder dem Unternehmen selbst erwerben möchte, muss allerdings vor der Fahrzeug-Übergabe eine Kundeninformation unterzeichnen. In diesem Schreiben weist VW daraufhin, dass das jeweilige Fahrzeug aufgrund einer vorhandenen Abschalteinrichtung in Zukunft sogar stillgelegt werden könnte. Dadurch will der Wolfsburger Konzern weitere Schadensersatzklagen im Abgasskandal frühzeitig abwehren.

Teile der VW-Kundeninformation im Wortlaut

Konkret werden die Gebrauchtwagenkäufer in dem Schreiben von VW darauf aufmerksam gemacht, dass selbst Diesel-Fahrzeuge von VW, die bereits ein Software-Update wegen des Abgasskandals erhalten haben, ein sogenanntes Thermofenster enthalten. Dadurch wird die Abgasreinigung der betroffenen Automobile bei bestimmten Temperaturen heruntergefahren.

Die Automobilwoche hat aktuell Teile der Kundeninformation von VW veröffentlicht. Darin weist der Wolfsburger Autobauer auf die möglichen Folgen dieses Thermofensters hin: “Dies könnte bis hin zu einem gegen Fahrzeughalter gerichteten Entzug der Fahrzeugzulassung oder einer Nutzungsuntersagung reichen. Mögliche Auswirkungen auf den Wiederverkaufswert der Fahrzeuge können in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen werden.“

Volkswagen macht die Gebrauchtwagenkäufer also darauf aufmerksam, dass ihre Diesel-Fahrzeuge der Begierde wegen des verwendeten Thermofensters Wertverluste hinnehmen und im schlimmsten Fall sogar stillgelegt werden könnten. Wer das Schreiben nicht unterzeichnet, erhält sein Fahrzeug nicht. Auf diesem Weg versucht VW, in der Sache nicht mehr haftbar gemacht werden zu können.

Deutsches Gericht stuft VW Software-Update als unzulässig ein

Hintergrund dieser Aktion ist ein Urteil, das in den vergangenen Monaten am Europäischen Gerichtshof (EuGH) verkündet wurden. So entschieden die EuGH-Richter, dass solche Thermofenster illegal sind, sofern diese nicht in absoluten Ausnahmesituationen und zum Schutz des jeweiligen Motors zum Einsatz kommen.

Dass das VW Software-Update entsprechend dieser Definition illegal ist, stellte das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht im Februar 2023 fest. Zwar ist VW gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen, weshalb das Urteil aktuell noch nicht rechtskräftig ist. Doch Prozessbeobachter gehen davon aus, dass VW das Verfahren dadurch nur in die Länge ziehen kann.

Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wird VW die betroffenen Fahrzeuge daher mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal nachrüsten müssen. Ansonsten würden die Diesel-PKW tatsächlich stillgelegt werden, wie es VW in der Kundeninformation an Gebrauchtwagenkäufer beschreibt. Dann dürften die betroffenen Fahrzeuge nicht länger auf europäischen Straßen gefahren oder geparkt werden.

VW-Kundeninformation sollte keinesfalls unterzeichnet werden

Wer sein upgedatetes Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt gekauft hat, nachdem dieses ein Update erhalten hat, kann daher Schadensersatzansprüche geltend machen. Schließlich sind entsprechende PKW-Besitzer davon ausgegangen, dass ihr Fahrzeug die gesetzlichen Bestimmungen nach dem Update erfüllt. Zudem beteuert VW in der Öffentlichkeit bis heute, dass das Update zulässig sei und keine illegale Abschalteinrichtung enthält. Die neue Kundeninformation von VW spricht diesbezüglich allerdings eine ganz andere Sprache.

Wer vor hat, ein VW-Fahrzeug mit Software-Update zu kaufen und eine entsprechende Kundeninformation beim Kauf vorgelegt bekommt, sollte diese keinesfalls unterschreiben. Wie von VW thematisiert, könnte das illegale Thermofenster nämlich wirklich zu einer Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge führen, wodurch diese komplett unbrauchbar würden. Wer zuvor die Kundeninformation unterschrieben hat, kann dann allerdings nicht mehr behaupten, dass er dies nicht ahnen konnte und folglich auch keine Schadensersatzansprüche in der Sache mehr durchsetzen.

Anders sieht es hingegen bei Gebrauchtwagenkäufern, die ihre Diesel-Fahrzeuge gekauft haben, ohne ein solches Schreiben unterzeichnet zu haben. Diese können sich sogar heute schon gegen die möglichen Folgen des illegalen Thermofensters zur Wehr setzen und Entschädigungsansprüche geltend machen. Das dürfte Hunderttausende Verbraucher betreffen. Folglich ist es sehr wahrscheinlich, dass auf Volkswagen noch eine regelrechte Klagewelle im Rahmen des Abgasskandals 2.0 zukommt.

Abgasskandal: Risikofreie Rechtsdurchsetzung ist möglich

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, die verantwortlichen Fahrzeughersteller juristisch zur Rücknahme der betroffenen Autos zu verpflichten. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber oftmals auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. So übernehmen Rechtsschutzversicherungen die vollständigen Anwalts- und Verfahrenskosten ihrer Kunden. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser streckt namensgetreu sämtliche Prozesskosten vor und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Die Experten von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene Halter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache. Mit dem Online-Schnellcheck der Kanzlei haben Verbraucher zudem die Möglichkeit, in wenigen Schritten zu prüfen, ob sie wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben und wie hoch dieser Anspruch ausfällt.

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