14.
Jan 2022

Rückrufcode 23R7: Der Beginn zahlreicher Rückrufe im VW-Dieselskandal

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ließ zwischen Dezember 2015 und Mai 2017 rund 2,5 Millionen VW-Fahrzeuge zurückrufen. Der Grund: Volkswagen hat die betroffenen Diesel-Modelle mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung bestückt und die Abgasreinigung damit illegal manipuliert. Wer ein solches Rückrufschreiben erhalten hat, ist demnach vom VW-Dieselskandal betroffen. Halter manipulierter Fahrzeuge haben deshalb oftmals auch heute noch die Möglichkeit, sich gegen den Betrug zu wehren und Restschadensersatzansprüche geltend zu machen.

So kam es zum Rückruf 23R7

Im Herbst 2015 nahm mit der Veröffentlichung des Abgasskandals die wohl schwerste Krise der Unternehmensgeschichte von VW ihren Lauf. Es wurde öffentlich bekannt, dass der Konzern mittels einer speziellen Software die Abgaswerte mehrerer Millionen Diesel-Fahrzeuge manipulierte. Ziel des Betrugs war es, die Diesel-Autos mit verbautem EA189-Motor viel umweltfreundlicher erscheinen zu lassen, als sie letztlich waren.

Um dieses Ziel zu erreichen, verbaute Volkswagen eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Motorensteuerung der betroffenen Diesel-Fahrzeuge. Diese als Akustikfunktion getarnte Software hatte dabei gar nichts mit hörbarem Schall zu tun. Stattdessen diente diese Software der Manipulation der Schadstoffemission. Die Abschalteinrichtung ermittelte nämlich anhand eines stillstehenden Lenkrads, wenn sich ein Fahrzeug auf dem Prüfstand befand. In dem Fall lief die Abgasreinigung auf Hochtouren, was zu einer massiven Reduzierung des Schadstoffausstoßes führte.

Im normalen Straßenbetrieb, also bei normaler Lenkradführung, wurde die Abgasreinigung jedoch erheblich heruntergefahren. Damit waren die VW-Dieselfahrzeuge alles andere als „clean“ und hätten eigentlich gar nicht zugelassen werden dürfen. Infolgedessen musste der Konzern im Winter 2015 unter dem Code 23R7 erstmals mehrere Millionen Fahrzeuge zurückrufen. In Deutschland waren rund 2,5 Millionen Fahrzeuge betroffen, weltweit waren es mehr als elf Millionen.

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Diese Fahrzeuge wurden unter dem Code 23R7 zurückgerufen

Im Rahmen der Rückrufaktion 23R7 wurden vom Kraftfahrt-Bundesamt folgende VW-Modelle mit dem Diesel-Motor EA189 zurückgerufen:

  • Amarok
  • Beetle
  • Caddy
  • CC
  • Eos
  • Golf
  • Golf Cabrio
  • Golf Plus
  • Golf Variant
  • Jetta
  • Passat
  • Passat CC
  • Passat Variant
  • Polo
  • Scirocco
  • Saran
  • Tiguan
  • Touran

Das sind die Folgen des Rückrufs 23R7

Mithilfe eines Updates sollte die im Diesel-Fahrzeug verbaute Manipulationssoftware endgültig entfernt und der Schadstoffausstoß damit normalisiert werden. An den Modellen mit 1,6l Hubraum wurde zur Optimierung der Abgasreinigung zudem ein sogenannter Strömungstransformator eingebaut.

Auch andere Automobilhersteller griffen im Rahmen des Dieselskandals auf Software-Updates zur Entfernung von Abschaltrichtungen zurück. Allerdings führen solche Updates nicht nur zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes, sondern oftmals auch zu Motorproblemen. So klagt beinahe jeder zweite Fahrzeughalter nach der Durchführung eines Updates unter anderem über einen höheren Kraftstoffverbrauch, veränderte Motorengeräusche, eine verminderte Leistung oder gar schwerwiegende Motorschäden.

Für die betroffenen Diesel-Halter ist damit nicht nur viel Ärger, sondern auch ein hoher finanzieller Aufwand verbunden. Schließlich führen die auftretenden Probleme zu hohen Reparatur- und Werkstattkosten, die nur in den seltensten Fällen von den verantwortlichen Autoherstellern übernommen werden. Nämlich nur dann, wenn der Fahrzeughalter den Zusammenhang zwischen dem Software-Update und dem Motorschaden direkt beweisen kann. Das ist in der Praxis allerdings kaum möglich.

Probleme bestehen auch nach VW-Update unter Code 23R7

Verbraucher, die auf den Rückruf 23R7 reagiert und ihr Fahrzeug upgedatet haben, erhöhten damit nicht nur das Risiko daraus resultierender Fahrzeugschäden. Recherchen des ARD ergaben zudem, dass die betroffenen Fahrzeuge selbst nach dem Software-Update die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien nur bei Temperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius einhielten. Volkswagen entfernte zwar die alte Betrugssoftware, setzte dafür allerdings eine andere Form der Abschalteinrichtung ein – und zwar ein sogenanntes Thermofenster.

Im September 2020 musste der Konzern als Folge zahlreiche Halter von VW Eos-Fahrzeugen erneut kontaktieren. Das Software-Update sollte unter strenger Aufsicht des KBA erneut durchgeführt werden, um eine Normalisierung der Schadstoff-Emission zu gewährleisten. Ein Jahr später erklärt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Thermofenster als illegal. Sollten die EuGH-Richter dieser Rechtsauffassung folgen, hätte das schwerwiegende Folgen für alle betroffenen Fahrzeughalter. Ein Software-Update bedeutet also noch lange nicht das Ende der Abgasskandal-Probleme für die Diesel-Fahrer.

So sollten betroffene Verbraucher bei einem Rückruf reagieren

Die Praxis zeigt, dass entsprechende Updates zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Fahrzeugleistung führen können. Aus diesem Grund sollten Fahrzeughalter, die ein Rückrufschreiben erhalten, lieber vorsichtig sein und ihren Diesel nicht gleich zur nächsten Werkstatt bringen. Stattdessen wird ihnen geraten, sich zunächst rechtlichen Rat einzuholen und ihre Rechtslage zu prüfen.

Neben potenziellen Fahrzeugproblemen führt ein Software-Update auch dazu, dass die Funktionsweise der Abschalteinrichtung im Rahmen einer Diesel-Klage nicht länger nachvollzogen werden kann. Das kann jedoch für den Erfolg einer Schadensersatzklage durchaus entscheidend sein. Betroffene Fahrzeughalter sollten sich daher auf jeden Fall rechtlich beraten lassen, bevor sie auf ein Rückrufschreiben reagieren.

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Schadensersatzansprüche im VW Abgasskandal

Wer ein Rückrufschreiben erhalten hat, kann sich sicher sein, dass das eigene Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Für die betroffenen Fahrzeughalter geht damit unter anderem ein enormer Wertverlust einher. Schließlich ist die Nachfrage nach manipulierten Diesel-Autos nach Bekanntwerden des Abgasskandals erheblich eingebrochen.

Aus diesem Grund haben betroffene Verbraucher – auch nach der Durchführung eines Software-Updates – Anspruch auf Schadensersatz. Der entstandene Wertverlust wird nämlich keinesfalls durch das Aufspielen eines Updates ausgeglichen. Zudem belegen unabhängige Tests, dass die Abgasreinigung betroffener Autos auch nach einem Software-Update nicht vollständig normalisiert wird. Damit droht den Fahrzeughaltern im schlimmsten Fall selbst nach einem Update der Entzug der Straßenzulassung. Betroffene Verbraucher können und sollten sich daher gegen den Betrug wehren.

Selbst die obersten Zivilrichter Deutschland stärken den Verbrauchern dabei den Rücken. Am 25. Mai 2020 erwirkte die Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte das erste Dieselskandal-Urteil vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Seitdem herrscht für VW-Besitzer endgültig Rechtssicherheit in der Sache.

Wer ein manipuliertes Fahrzeug besitzt, hat die Möglichkeit, dieses Fahrzeug an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben und im Gegenzug eine Entschädigung zu erhalten, die sich am ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Lediglich die bisherige Laufleistung müssen sie sich negativ an die Entschädigungssumme anrechnen lassen. Darüber hinaus erhöhen Verzugszinsen ab dem Tag der Klageeinreichung den Schadensersatz. Wer sein Fahrzeug behalten möchte, hat hierzu oftmals die Möglichkeit. Bei dieser Option kann ein Teil des Kaufpreises, etwa 20 Prozent, als Entschädigung geltend gemacht werden.

Verjährung nach dem Rückruf 23R7

Mittlerweile sind seit dem ersten Rückruf unter dem Code 23R7 über sechs Jahre vergangen. Für diejenigen Fahrzeughalter bedeutet das, dass ihre Schadensersatzansprüche mit ziemlicher Sicherheit bereits verjährt sind. In Deutschland gilt bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen nämlich eine Verjährungsfrist von drei Jahren zum Jahresende ab dem Zeitpunkt der Kenntnis.

Doch auch nach Eintritt der Verjährung haben viele betroffene Verbraucher die Möglichkeit, sich gegen den Betrug zu wehren. Ihnen bleibt noch die Möglichkeit, sogenannte Restschadensersatzansprüche geltend zu machen. Diese sollen die Fahrzeughalter für die wirtschaftliche Bereicherung des jeweiligen Automobilherstellers entschädigen und können bis zu zehn Jahre nach dem Kauf bzw. der Übergabe des manipulierten Fahrzeugs durchgesetzt werden. Auch die Richter am Bundesgerichtshof werden sich zeitnah mit den Restschadensersatzansprüchen im Abgasskandal befassen. Es ist davon auszugehen, dass der BGH die bestehenden Ansprüche betroffener Verbraucher in einem für Februar terminierten Verfahren bestätigen wird. Ein entsprechendes Urteil würde die Rechte betroffener Diesel-Fahrer zusätzlich stärken.

Nach Code 23R7 folgten weitere Rückrufaktionen

Die Entwicklungen des Dieselskandals zeigen, dass der Automobilhersteller noch immer nicht aus ihren Fehlern gelernt hat. Auch nach über sechs Jahren seit Bekanntmachung des Abgasskandals und zahlreichen Ermittlungen gegen den VW-Konzern kommt es immer wieder zu neuen Rückrufen von Dieselfahrzeugen. So ist mittlerweile bekannt, dass auch der anscheinend saubere Nachfolger des EA189, der Motor EA288 illegal manipuliert wurde. Ein Ende des Abgasskandals ist somit noch lange nicht in Sicht. Auch Diesel-Fahrer, die kein Rückrufschreiben erhalten haben, können auf Nummer Sicher gehen und prüfen lassen, ob Ihr Fahrzeug illegal manipuliert wurde, bzw. welche Rechtsansprüche ihnen zustehen.

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