17.
Mrz 2020

VW-Vergleich: Das müssen betroffene Fahrzeughalter jetzt wissen

Ab diesem Freitag haben die rund 260.000 berechtigen Teilnehmer der Musterfeststellungsklage (MFK) die Möglichkeit, das Vergleichsangebot von Volkswagen zu akzeptieren. Doch ergibt der Vergleich überhaupt Sinn? Nachfolgend beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Thema, um sämtlichen Fahrzeughaltern eine erste Entscheidungshilfe zu bieten. Vorschnell sollten die betroffenen Fahrzeughalter das Angebot definitiv nicht annehmen.

Erhält jeder Halter eines VW-Diesels ein Vergleichsangebot?

Nein. Das Vergleichsangebot gilt ausschließlich für die rund 260.000 berechtigten Teilnehmer der Musterfeststellungsklage (MFK). Bis zum Herbst 2019 hatten VW-Halter die Möglichkeit, sich für die Sammelklage einzuschreiben. Insgesamt meldeten sich mehr als 400.000 Menschen für die MFK an. Doch einige von ihnen erfüllen die rechtlichen Voraussetzungen der Klage nicht. 

So ist es beispielsweise nötig, einen VW Diesel-PKW mit einem Motor des Typs EA 189 zu besitzen und diesen vor dem 01. Januar 2016 für private Zwecke gekauft zu haben. Wer zum Kaufzeitpunkt nicht in Deutschland gemeldet war, hat ebenfalls keinen Anspruch auf das Vergleichsangebot.

 

Ist die Entschädigungssumme individuell verhandelbar?

Nein. Die Entschädigungssumme unterscheidet sich zwar von Fahrzeug zu Fahrzeug, ist aber nicht verhandelbar. Sie beträgt bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises. So erhalten Kläger zwischen 1350 Euro und 6257 Euro. Im Schnitt sind es 3200 Euro. Klaus Müller, der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, bezeichnete den Vergleich in einer Pressemitteilung als nicht optimal: „Der vzbv hat für mehr gestritten. Aber im Rahmen der schwierigen Verhandlungen ist das Ergebnis das maximal Erreichbare.” Kläger, die ihre Rechte individuell durchsetzen lassen, erhalten oft deutlich höhere Entschädigungen.

 

Wie lange bleibt Fahrzeughaltern für die Entscheidung?

Am 20. März geht die VW-Website online, die der Konzern extra für den Vergleich aufgebaut hat. Dort können Fahrzeughalter einen individuellen Code eingeben, den sie zuvor per Post erhalten haben, und ihr Vergleichsangebot prüfen. Anschließend haben sie bis zum 20. April 2020 die Möglichkeit, den Vergleich zu akzeptieren. Bis dahin sollte sich jeder MFK-Teilnehmer unbedingt juristisch beraten lassen, ob eine Annahme des Angebots Sinn ergibt. 

Nach dem 20. April haben alle Teilnehmer, die das Angebot angenommen haben, zwei Wochen Zeit, um diesen Schritt zu widerrufen. Volkswagen selbst setzt seine Kunden mit dieser kurzen Frist bewusst unter Druck: Einen Tag nach Ablauf der Frist, am 5. Mai 2020, wird ein Dieselskandal-Fall von Goldenstein & Partner nämlich der erste sein, mit dem sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt. Ein Urteil wird noch am selben Tag erwartet. 

Sämtliche Experten gehen davon aus, dass der BGH in der Sache verbraucherfreundlich entscheiden wird. Das Urteil wird eine Signalwirkung für sämtliche Gerichte in ganz Deutschland haben und endgültig für Rechtssicherheit in Deutschland sorgen. Volkswagen ist sich bewusst, dass der Konzern nach diesem Urteil ziemlich sicher deutlich höhere Entschädigungen auszahlen muss. Deshalb will VW möglichst viele MFK-Kläger dazu bringen, den Vergleich anzunehmen. Dadurch würde der Konzern viel Geld sparen. 

 

Sollten die Kläger das Vergleichsangebot annehmen?

Für nahezu alle betroffenen Volkswagen-Besitzer ergibt der Vergleich keinen Sinn. Wer das Angebot annimmt, behält seinen manipulierten PKW und verzichtet auf weitere Rechtsansprüche. Tatsächlich haben die betroffenen Fahrzeuge jedoch massiv an Wert verloren. Das liegt neben dem Skandal auch an zahlreichen Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten. Diesen Wertverlust kann eine einmalige Entschädigung in Höhe von bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises nicht ausgleichen. 

Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch die Software-Updates, die Volkswagen auf die betroffenen PKW aufspielen ließ, eine illegale Abschalteinrichtung enthalten. Mehrere Tests zeigten auf, dass die Abgasreinigung der betroffenen VW-Dieselfahrzeuge auch nach dem Update nur bei Temperaturen zwischen 15 und 33 Grad vollends funktioniert. 

In den nächsten Wochenwird der Europäische Gerichtshof (EuGH) seine Rechtsauffassung zu diesen sogenannten Thermofenstern veröffentlichen. In der Folge könnte auch das VW-Software-Update als illegal eingestuft werden. Dann würden für die betroffenen Fahrzeuge unter anderem neue Fahrverbote drohen. Fahrzeughalter, die ihre Rechtsansprüche im Zuge des Vergleichs aufgeben, könnten sich nicht mehr dagegen wehren.

Tatsächlich ergibt der Vergleich daher nur für Besitzer von Fahrzeugen, die aufgrund eines Unfalls oder einer Laufleistung von mehr als 200.000 Kilometern sowieso kaum noch Wert haben, Sinn. Wir von Goldenstein & Partner beraten sämtliche Teilnehmer der MFK gern bezüglich ihrer juristischen Möglichkeiten.

 

Für wen ergibt ein Individualverfahren mehr Sinn?

Jeder Teilnehmer der Musterfeststellungsklage, dessen Fahrzeug weniger als 200.000 Kilometer gefahren wurde, sollte eine Individualklage in Betracht ziehen. Dafür bleibt bis Mitte Oktober 2020 Zeit. Wir von Goldenstein & Partner vertreten aktuell mehr als 17.800 Mandanten im Dieselskandal und sind mit nahezu 100 Prozent aller Klagen erfolgreich. Für unsere Mandanten setzen wir im Schnitt Einmalzahlungen in Höhe von 4600 Euro durch – deutlich mehr als VW anbietet. 

Deutlich lukrativer wird für viele Kläger zudem die Möglichkeit der Fahrzeug-Rückabwicklung sein, denn vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter können die Auszahlung des vollständigen Kaufpreises ihres Fahrzeuges bei Volkswagen geltend machen und ihr Auto dafür zurückgeben. 

In Deutschland setzt sich die jeweilige Entschädigungssumme im Abgasskandal normalerweise aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Einige Gerichte halten den Abzug einer Nutzungsentschädigung jedoch für nicht rechtens. Mehrfach haben deutsche Gerichte den betroffenen Fahrzeughaltern zudem Deliktzinsen zugesprochen. 

In jedem Fall liegt die jeweilige Entschädigung aber über dem aktuellen Wert auf dem Gebrauchtwagenmarkt des betroffenen PKW. Gern beraten wir von Goldenstein & Partner betroffene Halter bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten im Abgasskandal.

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