13.
Jul 2020

Wegweisendes Dieselskandal-Urteil: Das war der Weg zum BGH

Im Januar 2014 kaufte sich Herbert Gilbert einen gebrauchten VW Sharan bei einem freien Fahrzeughändler. Gilbert, der sein Leben lang VW-Fahrzeuge fuhr, ahnte damals nicht, dass ein Rechtsstreit um dieses Fahrzeug Jahre später Geschichte schreiben sollte: Im Mai 2020 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, dass der heutige Frührentner seinen VW Sharan an Volkswagen zurückgeben darf und dafür eine hohe Entschädigung erhält. Das Auto ist nämlich vom Dieselskandal betroffen.

Umweltschutz als Kaufkriterium

Herbert Gilberts Kaufentscheidung wurde 2014 maßgeblich davon beeinflusst, dass das Fahrzeug als umweltfreundlich angepriesen wurde. Als der Dieselskandal rund eineinhalb Jahre später öffentlich wurde, ahnte er noch nicht, dass auch sein PKW eigentlich gar nicht so sauber war. Im Sommer 2016 erhielt Gilbert dann jedoch ein Schreiben von Volkswagen: Sein Fahrzeug müsse einem verpflichtenden Software-Update unterzogen werden. Nun wusste er: Auch sein VW Sharan wurde illegal von dem Konzern manipuliert.

Gilbert fühlte sich von VW betrogen

“Als ich die Gewissheit hatte, dass mein Fahrzeug tatsächlich viel umweltschädlicher war, als angenommen, fühlte ich mich von Volkswagen ausgetrickst.”, sagt Gilbert heute.  Er entschied sich – wie zahlreiche andere Halter von Dieselskandal-Fahrzeugen – juristisch gegen VW vorzugehen, um sein Fahrzeug an den Konzern zurückgeben zu können.

Gilbert selbst gibt an, diesen Schritt vordergründig vollzogen zu haben, da er aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes regelmäßig in ein Krankenhaus in die Mainzer Innenstadt muss und Sorgen vor einem möglichen Fahrverbot hatte. Ein Verkauf seines Fahrzeuges kam allerdings nicht in Frage, da das Auto aufgrund des Dieselskandals extrem an Wert verloren hat.

Etappensieg vor dem Oberlandesgericht Koblenz

Gemeinsam mit der Kanzlei Goldenstein zog Gilbert im Oktober vor das Landgericht Bad Kreuznach, das seinen Fall im Oktober 2018 jedoch ablehnte. Dagegen ging die Kanzlei jedoch erfolgreich in Revision: 

Im Juni 2019 entschied das nun zuständige Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, dass Gilbert seinen manipulierten PKW an Volkswagen zurückgeben darf und Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises sowie Verzugszinsen hat. Lediglich seine bisher zurückgelegte Laufleistung müsse sich der Frührentner negativ anrechnen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war es das erste Dieselskandal-Urteil eines Oberlandesgerichtes gegen Volkswagen. Anschließend folgten zahlreiche Gerichte in Deutschland dieser juristischen Auffassung.

Der BGH-Fall: Rechtssicherheit für Millionen Verbraucher

Da sich Volkswagen jedoch weiterhin keiner Schuld Bewusst war und gegen das Urteil in Revision ging, befasste sich das höchste deutsche Gericht nun mit dem Fall – der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dort kam es am 25. Mai 2020 zu einem historischen Urteil: Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG Koblenz und sprach Gilbert eine Entschädigung zu. 

Claus Goldenstein, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Goldenstein, kommentiert die Tragweite des Urteils:

“Das Urteil bedeutet Rechtssicherheit für Millionen Verbraucher in Deutschland und zeigt einmal mehr, dass auch ein großer Konzern nicht über dem Gesetz steht. Mit dieser Entscheidung haben wir Geschichte geschrieben und einen Präzedenzfall für sämtliche deutsche Halter von manipulierten Dieselfahrzeugen geschaffen.

Besitzer von manipulierten VW-Fahrzeugen haben nun die Gewissheit, dass sie diese an den Konzern zurückgeben und dafür den ursprünglichen Kaufpreis erhalten können. Sie müssen sich dabei lediglich die bisherige Laufleistung ihres Fahrzeugs als sogenannte Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, erhalten aber Verzugszinsen. Unserem Mandanten stehen demnach mehr als 28.000 Euro für einen PKW zu, den er vor knapp sechs Jahren für nur rund 3.000 Euro mehr gekauft und seitdem etwa 50.000 Kilometer genutzt hat. Über die Musterfeststellungsklage von VW hätte er hingegen nur einen Bruchteil dieser Summe erhalten.

Zukünftig werden sich sämtliche deutschen Amts-, Landes- und Oberlandesgerichte in ihren Dieselskandal-Urteilen auf diese Entscheidung des Bundesgerichtshof beziehen. In der Folge wissen betroffene Halter ganz genau, welche Entschädigungen ihnen zustehen. Jetzt geht der Dieselskandal erst richtig los! Das Urteil wird auch für die manipulierten PKW anderer Fahrzeughersteller eine Signalwirkung haben, denn nahezu alle Autobauer haben illegale Abschalteinrichtungen in ihren Dieselfahrzeugen integriert. Wir von der Kanzlei Goldenstein raten sämtlichen Haltern von Dieselfahrzeugen dazu, sich bezüglich ihrer Rechtsmöglichkeiten beraten zu lassen.”

So setzen sich die Volkswagen-Entschädigungen zusammen

Die jeweilige Entschädigungssumme im Dieselskandal setzt sich aus dem ursprünglichen Kaufpreis des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung zusammen. Letztere ist abhängig von der individuellen Laufleistung des jeweiligen Fahrzeuges. Darüber hinaus erhalten die betroffenen Kläger Verzugszinsen, die die Entschädigungssumme erhöhen. Auf www.ra-goldenstein.de können Autobesitzer ihren möglichen Anspruch kostenfrei prüfen lassen.

 

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