13.
Sep 2021

Diese wichtigen Entscheidungen hat der BGH bislang im Abgasskandal verkündet

Im Mai 2020 erwirkte die Kanzlei Goldenstein das erste Abgasskandal-Grundsatzurteil am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Seitdem haben die Halter von illegal manipulierten Autos die Gewissheit, dass sie wegen des Skandals Anspruch auf Schadensersatz haben. Mittlerweile haben sich die BGH-Richter zudem mit weiteren Detailfragen in der Sache befasst.

Schadensersatzansprüche: Auto behalten, abgeben oder verkaufen

So entschieden die verantwortlichen Richter im Juli 2021, dass die Halter von Abgasskandal-Autos ihre Fahrzeuge nicht nur für die Auszahlung einer Entschädigung an den verantwortlichen Hersteller zurückgeben können, sondern grundsätzlich auch das manipulierte Auto behalten und einen Teil des ursprünglichen Kaufpreises als Schadensersatz erhalten können.

Selbst für bereits verkaufte Autos können die ursprünglichen Besitzer im Nachhinein Schadensersatzansprüche geltend machen. Schließlich hätten sie ihr Fahrzeug ursprünglich sicherlich nicht zu den gleichen Konditionen erworben, wenn sie zum Kaufzeitpunkt bereits von dem Betrug gewusst hätten. Wenn jemand sein Auto weiterverkauft hat, ist der Schadensersatzanspruch laut BGH grundsätzlich also möglich.

Darüber hinaus entschieden die BGH-Richter, dass es sogar möglich ist, ein neues Auto als Ersatzfahrzeug für ein manipuliertes Fahrzeug zu erhalten. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der ursprünglich gekaufte PKW mittlerweile gar nicht mehr gebaut wird. In diesem Fall muss das Nachfolgemodell oder ein vergleichbares Auto vom Händler offeriert werden. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass betroffene Halter ihre Rechtsansprüche innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist geltend machen.

Verjährung kommt auf die individuelle Kenntnis von Verbrauchern an

Wie es sich ansonsten mit der Verjährungsfrist im Abgasskandal verhält, haben die BGH-Richter ebenfalls geklärt. Demnach kommt es für den Eintritt der dreijährigen Verjährung von Rechtsansprüchen im Abgasskandal darauf an, wann der jeweilige Fahrzeugbesitzer von der Manipulation seines Fahrzeugs erfahren hat.

In Bezug auf den VW-Abgasskandal bedeutet dies beispielsweise, dass die Rechte von Verbrauchern, die bereits nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals im Jahr 2015 von der Manipulation ihres Autos erfuhren, am 01. Januar 2019 verjährten. Wer jedoch erst durch den Erhalt des Rückrufbescheids von dem Abgasskandal erfuhr, konnte seine Rechte noch bis zum 01. Januar 2020 durchsetzen.

Übertragen auf Fahrzeuge, die im Jahr 2018 wegen des Abgasskandals zurückgerufen wurden bedeutet dies, dass die Rechte von entsprechenden PKW-Haltern zum 01. Januar 2022 zu verjähren drohen. Das betrifft unter anderem die Besitzer von einigen Mercedes-Benz-, Audi-, VW-, Porsche- und Opel-Modellen. Betroffene PKW-Halter sollten sich daher unbedingt zeitnah über ihre rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren.

Abgasskandal-Rechtsansprüche richten sich gegen den Motorenhersteller

Wer sich dazu entscheidet, Schadensersatzansprüche im Abgasskandal durchzusetzen, muss diese Rechtsansprüche im Übrigen gegenüber dem Hersteller des manipulierten Motors geltend machen. Auch das haben die BGH-Richter bereits entschieden. In dem BGH-Verfahren ging es exemplarisch um einen Audi mit manipulierten VW-Motor. Für diesen konnte Audi nicht haftbar gemacht werden, sondern VW.

Das bedeutet auch, dass sich die Rechtsansprüche von Porsche- und VW-Haltern, deren Autos die manipulierte 3.0- und 4.2-Liter-V-TDI-Motoren von Audi enthalten, gegen den Ingolstädter Autobauer richten. Audi wurde auch schon in zahlreichen Gerichtsverfahren zu der Auszahlung von Schadensersatz an Porsche- und VW-Besitzer verurteilt.

Neuer BGH-Senat soll Abgasskandal-Aufarbeitung schnell voranbringen

Mit diesen und weiteren Entscheidungen hat der BGH die zivilrechtliche Aufarbeitung des Abgasskandals aber noch längst nicht abgeschlossen. Noch immer sind viele Abgasskandal-Verfahren beim BGH anhängig. Deshalb hat das oberste Zivilgericht Deutschlands kürzlich sogar einen eigens für den Abgasskandal zuständigen Senat eingerichtet, der offene Fragen schnell klären soll.

So ist davon auszugehen, dass die BGH-Richter sich in den kommenden Monaten unter anderem mit den Rechten von Mercedes-Benz- und Fiat-Haltern befassen. Außerdem steht schon Mitte September ein Urteil zu den Rechtsansprüchen von Leasingnehmern an.

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