17.
Feb 2023

BGH verschiebt Verhandlung zum EA288-Dieselgate erneut

Dass die Halter von Fahrzeugen mit dem VW-Diesel-Motor EA189 wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben, ist längst klar. Eigentlich wollten die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) aber noch in diesem Monat klären, ob wegen der Manipulation des EA288-Motors ebenfalls Entschädigungsansprüche bestehen. Doch das geplante BGH-Verfahren wurde nun in den Mai 2023 verschoben.

Das sind die Hintergründe des Verfahrens und der Terminverschiebung

Konkret befassen sich die Richter am BGH am 8. Mai mit der Klage eines Mannes, der seinen VW Passat mit einem EA288-Motor an Volkswagen zurückgeben möchte. Im Gegenzug fordert der Kläger Schadensersatz von Deutschlands größtem Autohersteller, weil das Fahrzeug seiner Meinung nach vom Abgasskandal betroffen ist.

Tatsächlich stehen Fahrzeuge mit dem EA288-Motor bereits seit Jahren unter erhärtetem Manipulationsverdacht. Zwar gab Volkswagen selbst an, Automobile mit dieser Motorisierung nicht manipuliert zu haben. Doch unabhängige Abgastests haben bereits das Gegenteil bewiesen. Nun müssen die Richter am Bundesgerichtshof klären, ob betroffene Fahrzeughalter deshalb auch Anspruch auf Schadensersatz durchsetzen kann.

Eigentlich sollte das BGH-Verfahren bereits im November 2022 stattfinden, wurde dann aber kurzfristig auf den 27. Februar 2023 verschoben. Dass es nun zu einer erneuten Verschiebung des Verhandlungstermins kommt, hat einen guten Grund: Der BGH möchte nämlich zunächst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Bis zuletzt wurde die Urteilsverkündung der Luxemburger Richter aber noch gar nicht terminiert. Nun steht fest: Der EUGH wird die Entscheidung am 21. März 2023 bekanntgeben.

BGH wartet auf Abgasskandal-Urteil des Europäischen Gerichtshofes

Europas oberste Zivilrichter sollen die Frage beantworten, ob Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal auch bei einer fahrlässigen Schädigung bestehen. Das hat der BGH in der Vergangenheit verneint. Sollten die EuGH-Richter in der Sache nun eine konträre Rechtauffassung vertreten, müsste auch der BGH seine bisherige Rechtsprechung noch einmal überdenken.

Tatsächlich haben die Karlsruher Richter bereits angekündigt, sich im Rahmen des EA288-Verfahrens zum bis dahin verkündeten EuGH-Urteil zu äußern. Deshalb musste die mündliche Verhandlung auch noch einmal auf einen Termin nach der EuGH-Verkündung verschoben werden. Dass es diesbezüglich zu einer weiteren Verschiebung kommen wird, ist nun allerdings mehr als unwahrscheinlich.

Verbraucherfreundliche Entscheidung bahnt sich an

Prozessbeobachter sehen es als wahrscheinlich an, dass die EuGH-Richter am 21. März ein verbraucherfreundliches Urteil verkünden werden. In diese Richtung hatte sich nämlich schon der zuständige Generalanwalt positioniert, als er seinen Schlussantrag in der Sache im Juni 2022 verkündete. An Europas oberstem rechtsprechenden Organ ist es eine übliche Praxis, dass die zuständigen Richter sich an der Rechtsauffassung ihrer Generalanwaltschaft orientieren.

Sollte dies auch in diesem Fall so sein, würden Diesel-Klagen in Zukunft noch einmal deutlich erfolgsversprechender als bislang. In diesem Fall müsste nämlich lediglich nachgewiesen werden, dass die betroffenen Fahrzeuge eine Abschalteinrichtung enthalten, die den Abgasausstoß des jeweiligen Fahrzeugs in bestimmten Situationen auf ein unerlaubt hohes Niveau steigen lässt. Das ist unabhängig von einem amtlichen Rückruf leicht mittels eines Sachverständigengutachtens möglich und auch für den Kläger am BGH wichtig, denn sein Fahrzeug wurde bislang noch nicht vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wegen der illegalen Manipulationen zurückgerufen.

Gerichte sehen Klagewelle anrollen

Von verbraucherfreundlichen EuGH- und BGH-Urteilen könnten Hunderttausende Halter von manipulierten VW-Fahrzeugen mit EA288-Motor profitieren. Aber auch Halter von Fahrzeugen anderer Hersteller – wie zum Beispiel Fiat oder Mercedes-Benz – hätten plötzlich noch bessere Chancen, Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals durchzusetzen.

Deutsche Kläger-Anwälte und auch einige deutsche Richter gehen bereits davon aus, dass die neue rechtliche Situation wohl eine regelrechte Klagewelle hervorrufen wird. Daher könnte es an mehreren Land- und Oberlandesgerichten zu langen Bearbeitungszeiten von eingehenden Klagen kommen. Betroffene Fahrzeughalter sollten sich daher noch möglichst vor der Verkündung der zwei wichtigen BGH- und EuGH-Urteile bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren, um die eigenen Ansprüche schnellstmöglich juristisch geltend machen zu können.

Diese Rechte haben betroffene Verbraucher wegen des Abgasskandals

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber oftmals auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

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