14.
Dez 2022

Dieselgate: BGH verhandelt im Februar eine EA288-Klage

Eigentlich wollten Deutschlands oberste Zivilrichter bereits im November 2022 klären, ob auch die Halter von manipulierten VW-Fahrzeugen mit einem Diesel-Motor des Typs EA288 Anspruch auf Schadensersatz haben. Doch der Verhandlungstermin wurde kurzfristig auf den 27. Februar 2023 verschoben. Das liegt daran, dass ein lang erwartetes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wohl auch erst im kommenden Jahr verkündet wird.

BGH befasst sich Ende Februar mit dem EA288-Abgasskandal

Konkret befassen sich die Richter am deutschen Bundesgerichtshof (BGH) im Februar mit der Klage eines Mannes, der seinen VW Passat an Volkswagen zurückgeben möchte. Im Gegenzug fordert der Kläger Schadensersatz von Deutschlands größtem Autohersteller, weil das Fahrzeug seiner Meinung nach vom Abgasskandal betroffen ist.

Obwohl die BGH-Richter Volkswagen bereits im Mai 2020 wegen des Abgasskandals zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt haben, müssen sie diesen Fall komplett neu bewerten. Das liegt daran, dass in dem Fahrzeug nicht der nachweislich manipulierten Diesel-Motor des Typs EA189 verbaut wurde. Stattdessen befindet sich darin dessen Nachfolger – der EA288-Motor.

Wurde der EA288-Motor auch illegal manipuliert?

Der EA288-Motor wurde seit 2012 in diversen Fahrzeugen von Volkswagen sowie dessen Tochterunternehmen Audi, Skoda und Seat verbaut. Zwar versicherte VW nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals im Jahr 2015, dass der EA288 nicht von der Betrugsaffäre betroffen sei. Doch mittlerweile ergaben zahlreiche unabhängige Abgastests, dass auch Fahrzeuge mit dem EA288-Motor die vorgeschriebenen Umweltregularien nur auf dem Prüfstand einhalten, während sie im Normalbetrieb unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen.

Auch der Passat-Besitzer gibt an, dass in seinem Fahrzeug eine temperaturabhängige Abschalteinrichtung und eine Fahrkurvenerkennung verbaut wurden. Dadurch überschreitet der Passat im Normalbetrieb die vorgeschriebenen Schadstoff-Grenzwerte. Folglich hätte das Auto eigentlich nie die Typgenehmigung erhalten dürfen. Dennoch wurde der Mittelklassewagen bislang noch nicht von dem deutschen Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zurückgerufen.

Wegen des ausbleibenden Rückrufs wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg die Klage im September 2021 ab. Das Gericht argumentierte, dass der Kläger sich dementsprechend nicht darauf stützen könne, dass sein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei. Nun müssen die Richter am Bundesgerichtshof endgültig klären, ob der PKW-Besitzer Anspruch auf Schadensersatz hat.

EuGH entscheidet: Schadensersatz auch bei fahrlässiger Schädigung?

Besonders relevant für die BGH-Entscheidung wird ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das bereits seit Juni 2022 erwartet wird. Damals verkündete der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs nämlich, dass Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal seiner Meinung nach selbst bei einer fahrlässigen Schädigung bestehen.

Sollten die EuGH-Richter dieser Rechtsauffassung folgen, wovon auszugehen ist, sind Diesel-Klagen in Zukunft noch einmal deutlich erfolgsversprechender als bislang. In diesem Fall müsste nämlich lediglich nachgewiesen werden, dass die betroffenen Fahrzeuge eine Abschalteinrichtung enthalten, die den Abgasausstoß des jeweiligen Fahrzeugs in bestimmten Situationen auf ein unerlaubt hohes Niveau steigen lässt. Das ist unabhängig von einem amtlichen Rückruf leicht mittels eines Sachverständigengutachtens möglich.

Bislang muss zusätzlich bewiesen werden, dass diese Manipulation auf sittenwidrige – also mutwillige – Weise erfolgte. Das ist oftmals allerdings nicht so einfach, denn dafür muss beispielweise nachgewiesen werden, dass Führungspersönlichkeiten im jeweiligen Unternehmen eine solche Manipulation angeordnet haben.

Klagewelle droht: Rechtsberatung sollte schnellstmöglich eingeholt werden

Die BGH-Richter gehen nun offensichtlich davon aus, dass der EuGH seine Entscheidung spätestens Ende Februar verkünden wird, denn sie haben bereits angekündigt, sich im Rahmen des EA288-Verfahrens auch zu dem EuGH-Urteil zu äußern. Sollte das Urteil der Luxemburger Richter verbraucherfreundlich ausfallen, wird es wohl auch am BGH eine ebensolche Entscheidung geben.

Davon könnten Hunderttausende Halter von manipulierten VW-Fahrzeugen mit EA288-Motor profitieren. Aber auch Halter von Fahrzeugen anderer Hersteller – wie zum Beispiel Fiat oder Mercedes-Benz – hätten plötzlich noch bessere Chancen, Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals durchzusetzen.

Deutsche Kläger-Anwälte und auch einige deutsche Richter gehen bereits davon aus, dass die neue rechtliche Situation wohl eine regelrechte Klagewelle hervorrufen wird. Daher könnte es an mehreren Land- und Oberlandesgerichten zu langen Bearbeitungszeiten von eingehenden Klagen kommen. Betroffene Fahrzeughalter sollten sich daher noch möglichst vor der Verkündung der zwei wichtigen BGH- und EuGH-Urteile bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren, um die eigenen Ansprüche schnellstmöglich juristisch geltend machen zu können.

Diese Rechte haben betroffene Verbraucher wegen des Abgasskandals

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Prüfen Sie jetzt Ihren Anspruch: