28.
Feb 2023

Erstes Diesel-Grundsatzurteil in Österreich

In Deutschland hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Mai 2020 im Rahmen eines Verfahrens von Goldenstein Rechtsanwälte entschieden, dass die Halter von illegal manipulierten Diesel-Fahrzeugen Anspruch auf Schadensersatz haben. In Österreich steht eine solche höchstrichterliche Entscheidung noch aus. Immerhin haben sich die Richter am Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien nun erstmals inhaltlich mit dem Abgasskandal auseinandergesetzt und bestehende Gewährleistungsansprüche eines VW-Besitzers gegenüber seinem Händler bestätigt.

Das sind die Hintergründe des OGH-Verfahrens

In dem OGH-Verfahren ging es um einen VW Tiguan, der im März 2015 für rund 26.890 Euro gekauft wurde. Das Fahrzeug enthält einen Diesel-Motor des Typs EA189. Im Herbst 2015 wurde öffentlich, dass Automobile mit dieser Motorisierung illegal manipuliert wurden. Deshalb wurde auch der Tiguan des Klägers wenig später amtlich zurückgerufen, damit die vorhandene Manipulationssoftware mit einem Software-Update überspielt und das Fahrzeug dadurch vor einer Stilllegung bewahrt wird.

Der Kläger lehnte die Software-Aktualisierung allerdings ab, da diese seiner Meinung nach den vorhandenen Mangel nicht beseitigen konnte. Tatsächlich ergaben unabhängige Abgastests nämlich, dass Fahrzeuge mit dem Update bei Temperaturen unterhalb von 15 Grad teilweise noch mehr Schadstoffe ausstoßen als vor der Aktualisierung. Weil der Händler dem Kläger kein anderes Angebot zur Mangelbeseitigung machte, ging der Tiguan-Besitzer juristisch gegen diesen vor und hatte mit dieser Klage nun vor dem Obersten Gerichtshof Erfolg.

Kläger erhält fast den kompletten Kaufpreis zurück

Konkret entschieden die OGH-Richter, dass das Update den vorhandenen Mangel tatsächlich nicht vollständig beseitigen und der Kläger seinen Kaufvertrag daher widerrufen kann. Dementsprechend verpflichteten Österreichs oberste Zivilrichter den Händler zur Rücknahme des manipulierten Fahrzeugs und der Erstattung eines Großteils des ursprünglich gezahlten Kaufpreises.

Zwar muss sich der Kläger eine sogenannte Nutzungsentschädigung abziehen lassen, weil er das Fahrzeug trotz der Manipulationen jahrelang normal nutzen konnte. Doch die OGH-Richter sprachen ihm auch Zinszahlungen in Höhe von vier Prozent ab dem Kaufdatum zu. Dadurch erhält der Österreicher insgesamt rund 26.500 Euro für sein Fahrzeug, das er vor acht Jahren für gerade einmal rund 400 Euro mehr erworben hatte.

Abgasskandal: OGH will bald über bestehende Schadensersatzansprüche entscheiden

Damit kommt auch in Österreich endlich Bewegung in die zivilrechtliche Aufarbeitung des Abgasskandals. Nachdem die OGH-Richter sich aktuell erstmals zum Thema Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit den illegalen Fahrzeugmanipulationen positioniert haben, kündigten sie schon an, bald auch über bestehende Schadensersatzansprüche in der Sache entscheiden zu wollen. Die OGH-Richter gaben diesbezüglich nämlich bekannt, dass sie hierfür lediglich ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abwarten.

Die EuGH-Richter werden noch im März die Frage beantworten, ob wegen des Abgasskandals auch bei fahrlässiger Schädigung Schadensersatzansprüche bestehen. Prozessbeobachter gehen davon aus, dass das Gericht diese Frage bejahen und die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vereinfachen wird. Im Anschluss wird es vermutlich auch am Obersten Gerichtshof in Österreich das erste Schadensersatz-Urteil in der Sache geben. Es ist möglich, dass diese Entscheidung noch im ersten Halbjahr 2023 verkündet wird.

Die Unterschiede zwischen Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen

Während Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal in Österreich innerhalb von bis zu dreißig Jahren seit dem Bekanntwerden des Skandals durchgesetzt werden können, lassen sich Gewährleistungsansprüche bei Neuwagen lediglich innerhalb von zwei Jahren ab dem Fahrzeugkauf- bzw. der -übergabe geltend machen. Bei Gebrauchtwagen ist dies in der Regel sogar nur innerhalb eines Jahres möglich. Insofern sind die Gewährleistungsansprüche der meisten Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen bereits verjährt, während Schadensersatzansprüche in der Sache in Österreich nach wie vor von Hunderttausenden Konsumenten durchgesetzt werden können.

Im Gegensatz zu Gewährleistungsansprüchen richten sich Schadensersatzklagen nicht gegen den jeweiligen Händler, sondern gegen den verantwortlichen Fahrzeug- bzw. Motorenhersteller. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages, die auch der aktuelle OGH-Kläger erfolgreich durchgesetzt hat, lässt sich allerdings auch über eine Schadensersatzklage erreichen. Oftmals ist es zudem möglich, das manipulierte Fahrzeug im Rahmen der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu behalten, um im Gegenzug einen Teil des ursprünglichen Kaufpreises zurückzubekommen.

Risikofreie Rechtsdurchsetzung von Abgasskandal-Ansprüchen ist möglich

Für Österreicher, die ein manipuliertes Fahrzeug besitzen und bislang noch keine Rechtsansprüche in der Sache geltend gemacht haben, sollte spätestens das aktuelle OGH-Urteil Anlass dafür sein, sich zumindest einmal über die juristischen Möglichkeiten in der Sache zu informieren. Der Abgasskandal hat nämlich nachweislich zu Wertverlusten der manipulierten PKW-Modelle geführt und kann zudem Fahrzeugschäden verursachen. Unter anderem deshalb ergibt es Sinn, sich juristisch gegen die illegalen Manipulationen zur Wehr zu setzen.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Rechtsschutzversicherer übernehmen nämlich – mit Ausnahme der jeweiligen Selbstbeteiligung – sämtliche Kosten ihrer Kunden. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann zudem in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt ebenfalls die vollen Anwalts- und Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Die Experten von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene Halter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache. Mit dem Online-Schnellcheck der Kanzlei haben Verbraucher darüber hinaus die Möglichkeit, in wenigen Schritten zu prüfen, ob sie wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben und wie hoch dieser Anspruch ausfällt. Goldenstein Rechtsanwälte unterstützt bereits mehr als 50.000 Konsumenten im Zusammenhang mit dem Abgasskandal, rund 5.000 davon kommen aus Österreich.

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