28.
Apr 2023

Österreich: Ministerium warnt vor Diesel-Stilllegungen

Viele österreichische Halter von Diesel-Fahrzeugen bekommen aktuell unliebsame Post. In einem Schreiben fordern die Kraftfahrbehörden auf Weisung des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) nämlich dazu auf, ein notwendiges Software-Update installieren zu lassen. Ansonsten droht die Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge. Kurios ist, dass das Update in Deutschland erst kürzlich von einem Verwaltungsgericht als unzulässig eingestuft wurde.

Fast 400.000 Fahrzeuge sind in Österreich von VW-Abgasskandal betroffen

Insgesamt erhalten bis zu 388.000 Besitzer von Diesel-Fahrzeugen das Schreiben der österreichischen Behörden. So viele in Österreich zugelassene Fahrzeuge enthalten nämlich den VW-Skandalmotor mit der Bezeichnung EA189. Bereits seit 2015 ist öffentlich bekannt, dass Automobile mit dieser Motorisierung unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen. Dies ging als sogenannter Abgasskandal in die Geschichtsbücher ein. Damit die betroffenen Fahrzeuge nicht die Typgenehmigung verlieren, sollten diese ab 2016 ein Software-Update erhalten.

Mehrere Jahre später drohen den österreichischen Haltern dieser Autos nun Konsequenzen, solange diese noch nicht das Software-Update installieren ließen. Damit wollte VW nämlich die vorhandene Manipulationssoftware überschreiben und den Abgasausstoß der manipulierten Fahrzeuge normalisieren. Wenn das Klimaschutz-Ministerium die Autos ohne Update nun tatsächlich stilllegt, dürften diese nicht länger auf europäischen Straßen gefahren und nicht einmal mehr geparkt werden. Die Konsequenzen wären für betroffene PKW-Besitzer also enorm.

VW Software-Update wurde in Deutschland als unzulässig eingestuft

Das Software-Update von VW gilt allerdings nicht als so wirksam, wie VW es verspricht. Tatsächlich hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in Deutschland zuletzt sogar entschieden, dass das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) das Update eigentlich nie hätte genehmigen dürfen. Das liegt daran, dass die upgedateten Fahrzeuge nach der Software-Aktualisierung teilweise sogar noch mehr unerlaubte Schadstoffe ausstoßen als vor dem Update.

Konkret haben unabhängige Abgastests ergeben, dass das VW Software-Update unter anderem ein sogenanntes Thermofenster enthält. Dadurch emittieren die upgedateten Fahrzeuge nur bei Temperaturen zwischen ungefähr 15 und 33 Grad gesetzeskonforme Schadstoffmengen. Unter- und oberhalb dieser Werte steigt der Stickoxid-Ausstoß auf ein unerlaubt hohes Niveau. Dies ist in Ländern mit vergleichsweise niedrigen Durchschnittstemperaturen – wie Deutschland oder Österreich – fast ganzjährig der Fall. Nicht zuletzt deshalb haben die Schleswiger Verwaltungsrichter das Update im Februar 2023 als mangelhaft bewertet.

Zusätzlich führten die deutschen Juristen aus, dass VW die manipulierten Fahrzeuge in den USA mit Hardware-Updates tatsächlich sauber machte. Es gibt also seit Jahren die technische Möglichkeit, um den erhöhten Abgasausstoß der betroffenen Fahrzeuge wirksam zu minimieren. Dass VW in Europa dennoch auf Software-Updates setzte, hat vor allem Kostengründe. Hardware-Updates kosten den Autobauer nämlich ein Vielfaches. Durch die Schleswiger Entscheidung könnte VW allerdings dazu gezwungen werden, auch in Europa weitere Maßnahmen zu ergreifen – zum Beispiel den Einbau neuer Speicherkatalysatoren oder SCR-Katalysatoren.

Österreichische Diesel-Fahrer stehen vor schwieriger Entscheidung

Rechtskräftig ist das Urteil zwar noch nicht, denn Volkswagen hat als beigeladene Partei angekündigt, Berufung einzulegen. Doch wenn die nächsthöheren Instanzen ähnlich entscheiden, wovon auszugehen ist, muss das KBA sämtliche manipulierten Fahrzeuge erneut zurückrufen – auch in Österreich.

Die Installation des Updates kann sich also zeitnah als komplett nutzlos erweisen. Das ist vor allem deshalb ärgerlich, da viele Fahrzeughalter im Zusammenhang nach dem Update über Folgeschäden wie Leistungseinbrüche, einen erhöhten Kraftstoffverbrauch und sogar Motorschäden klagen. Dass das Klimaschutz-Ministerium dennoch zum jetzigen Zeitpunkt auf die Installation besteht, bringt viele Fahrzeughalter daher in eine unangenehme Situation. Anlässlich der drohenden Fahrzeug-Stilllegung haben diese nämlich gar keine andere Möglichkeit, als das Update zu installieren, sofern sie ihr Diesel-Fahrzeug auch in Zukunft nutzen möchten.

Abgasskandal: Schadensersatzansprüche bestehen

Betroffene Fahrzeughalter haben allerdings die Möglichkeit, sich gegen die negativen Konsequenzen des Abgasskandals wehren und Schadensersatzansprüche durchsetzen. Schließlich hätten diese ihre Fahrzeuge wohl gar nicht – oder zumindest nicht zu denselben Konditionen – erworben, wenn der Abgasskandal zum Kaufzeitpunkt bereits bekannt gewesen wäre. Immerhin möchte wohl niemand ein Fahrzeug kaufen, das in Zukunft möglicherweise stillgelegt werden könnte. Zudem hat der Abgasskandal auch zu Wertverlusten der betroffenen PKW-Modelle geführt.

Obwohl der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien diesbezüglich noch kein Grundsatzurteil verkündet hat, können Österreicher in der Sache auch jetzt schon erfolgreich und höchstrichterlich abgesegnet gegen VW prozessieren – nämlich in Deutschland. Zudem ist davon auszugehen, dass auch der OGH in den kommenden Monaten eine konsumentenfreundliche Grundsatzentscheidung in der Sache verkündet. Insofern ergibt es für PKW-Besitzer, die bestehende Rechtsansprüche in der Sache bislang noch nicht durchgesetzt haben, spätestens jetzt Sinn, dies zu tun.

Risikofreie Rechtsdurchsetzung ist möglich

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr Auto im Rahmen einer Klage an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber oftmals auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Die Experten von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene Halter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache. Mit dem Online-Schnellcheck der Kanzlei haben Verbraucher darüber hinaus die Möglichkeit, in wenigen Schritten zu prüfen, ob sie wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben und wie hoch dieser Anspruch ausfällt.

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