20.
Okt 2023

OLG Stuttgart verurteilt Mercedes-Benz im Abgasskandal zu Schadensersatz

Seit Jahren steht fest, dass auch Diesel-Fahrzeuge von Mercedes-Benz vom Abgasskandal betroffen sind. Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Mercedes erstmals zur Zahlung von Schadensersatz in der Sache verurteilt. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig. Von dem Urteil profitieren auch Zehntausende weitere PKW-Besitzer, deren Schadensersatzklagen gegen Mercedes-Benz noch laufen.

Über eine halbe Million Mercedes-Fahrzeuge sind in Deutschland vom Abgasskandal betroffen

Insgesamt betrifft der Mercedes-Abgasskandal in Deutschland über eine halbe Million Fahrzeuge von der A-Klasse bis zum Vito. Allein am Oberlandesgericht Stuttgart, wo Mercedes seinen Gerichtsstand hat, sind aktuell noch etwa 15.000 Klagen in der Sache anhängig.

Die Kläger verlangen allesamt Schadensersatz, weil ihre Fahrzeuge sogenannte Abschalteinrichtungen enthalten, die die Abgasreinigung in bestimmten Situationen erheblich reduzieren. Im Zentrum der meisten Diesel-Klagen im Mercedes-Abgasskandal stehen vor allem sogenannte Thermofenster sowie die „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ (KSR). Dies war auch in dem aktuellen Verfahren am OLG-Stuttgart der Fall.

Während Thermofenster insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen für einen hohen Abgasausstoß sorgen, fahren Mercedes-Fahrzeuge mit Hilfe der KSR die Kühlmittelsolltemperatur unter den Bedingungen eines amtlichen Abgastests herunter, was zu einem geringeren Stickoxid-Ausstoß führt. Im herkömmlichen Straßenbetrieb erfolgt dieser Effekt hingegen nicht, weshalb die Kühlmittelsolltemperatur und somit auch der Schadstoffausstoß der betroffenen PKW-Modelle ansteigen.

OLG Stuttgart: Schadensersatz wegen Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung

Die Richter am Stuttgarter Oberlandesgericht entschieden nun, dass sich Mercedes-Benz im Zusammenhang mit dem Thermofenster nicht schuldhaft verhalten habe, da Thermofenster herstellerübergreifend und flächendeckend in Dieselfahrzeugen zum Einsatz gekommen seien, das KBA davon gewusst und diese erst im Jahr 2020 erstmals beanstandet habe.

In Bezug auf die sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung trafen die Stuttgarter Richter hingegen eine andere Entscheidung und verkündeten, dass sich Mercedes in diesem Fall mindestens fahrlässig schädigend verhalten habe. Folglich sprachen sie dem Kläger Schadensersatz zu und sendeten auch in Bezug auf weitere anhängige Klagen ein eindeutiges Signal.

EuGH und BGH stellten die Weichen für positive Entscheidung am OLG Stuttgart

Die positive Entscheidung am Stuttgarter OLG hatte sich bereits wochenlang abgezeichnet. Zwar entschieden die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) noch vor einigen Jahren, dass Schadensersatzansprüche im Abgasskandal nur bei sittenwidriger bzw. vorsätzlicher Schädigung im Abgasskandal bestünden und Mercedes seine Kunden möglicherweise nur fahrlässig geschädigt habe. Doch die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) gaben im März dieses Jahres bekannt, dass Schadensersatzansprüche im Abgasskandal auch bei fahrlässiger Schädigung bestehen.

Folglich mussten auch die BGH-Richter ihre bisherige Rechtsprechung in der Sache noch einmal anpassen. So entschieden diese, dass die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen bei fahrlässiger Schädigung durch den jeweiligen Fahrzeughalter Anspruch auf den sogenannten Differenzschadensersatz in Höhe von bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises haben, wenn sie ihr Fahrzeug im Gegenzug behalten. Die Entscheidung der Stuttgarter OLG-Richter belegt nun endgültig, dass das BGH-Urteil zur fahrlässigen Schädigung im Abgasskandal auch die Hürden im Zusammenhang mit Schadensersatzklagen gegen Mercedes-Benz enorm senkt.

Abgasskandal: Diese Rechtsansprüche bestehen

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, die verantwortlichen Fahrzeughersteller juristisch zur Rücknahme der betroffenen Autos zu verpflichten. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber oftmals auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

Die Experten von Goldenstein Rechtsanwälte beraten betroffene Halter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache. Mit dem Online-Schnellcheck der Kanzlei haben Verbraucher darüber hinaus die Möglichkeit, in wenigen Schritten zu prüfen, ob sie wegen des Abgasskandals Anspruch auf Schadensersatz haben und wie hoch dieser Anspruch ausfällt.

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