17.
Nov 2022

Nach EuGH-Entscheidung: Folgt nun eine neue PKW-Rückrufwelle in Deutschland?

Kürzlich entschieden die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH), dass Umweltvereinigungen juristisch gegen bereits erteilte Typgenehmigungen von PKW-Modellen vorgehen dürfen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt in Deutschland bereits gegen Genehmigungen, die allein hierzulande mehr als zwei Millionen Fahrzeug-Zulassungen betreffen. Folgt jetzt eine PKW-Rückrufwelle in Deutschland?

DUH-Klagen: Erste Urteile werden bereits 2023 erwartet

Tatsächlich ist es sehr wahrscheinlich, dass der Abgasskandal bereits im kommenden Jahr quasi von vorn beginnt. Das Schleswig-Holsteiner Verwaltungsgericht, das sich nun mit den Klagen der DUH gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) befassen muss, wird voraussichtlich noch im Frühjahr 2023 erste Entscheidungen in der Sache verkünden.

Da Europas oberste Zivilrichter nicht nur die Klagebefugnis der DUH bejaht, sondern auch hohe Hürden für die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung definiert haben, gehen Prozessbeobachter von Entscheidungen zugunsten der deutschen Umweltorganisation aus. Laut EuGH sind Abschalteinrichtungen nur dann erlaubt, wenn diese vor unmittelbaren Schäden oder Unfällen schützen und nur unregelmäßig zum Einsatz kommen.

Die Abschalteinrichtungen, die die DUH anprangert, erfüllen diese Kriterien nicht. Die verwendete Manipulationssoftware von Herstellern wie Audi, Volkswagen oder Mercedes-Benz erkennt amtliche Abgastests und sorgt lediglich unter diesen Bedingungen für eine gesetzeskonforme Abgasreinigung. Im normalen Straßenbetrieb stoßen die betroffenen Fahrzeuge hingegen regelmäßig unerlaubt viele Schadstoffe aus.

Millionen Rückrufe und sogar Stilllegungen drohen

Sollte das Schleswiger Verwaltungsgericht das Kraftfahrt-Bundesamt folgerichtig zum Rückruf all dieser Fahrzeugtypen verurteilen, müssten die verantwortlichen PKW-Halter deutschlandweit mindestens zwei Millionen Autos zurückrufen. In ganz Europa wären sogar fünf Millionen Fahrzeuge betroffen.

Die verantwortlichen Hersteller müssten anschließend dafür sorgen, dass die Abgasreinigung der Fahrzeuge normalisiert wird. Besonders interessant ist diesbezüglich, dass einige der betroffenen Fahrzeuge bereits wegen des Abgasskandals zurückgerufen wurden. Doch auch die Software-Updates, die zur Verbesserung des Abgasausstoßes installiert wurde, enthalten nachweislich illegale Abschalteinrichtungen. Sollten diese nicht beseitigt werden können, müssten die Fahrzeuge stillgelegt werden.

Abgasskandal: Negative Folgen und bestehende Rechtsansprüche

In jedem Fall drohen den betroffenen PKW-Besitzern massive Wertverluste. Der bisherige Verlauf des Abgasskandals hat gezeigt, dass nachweislich manipulierte Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt deutlich weniger einbringen als Autos, die nicht von den Manipulationen betroffen sind. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die betroffenen Fahrzeuge aufgrund des Abgasskandals mittelfristig schwerwiegende Folgeschäden erleiden können.

In jedem Fall können die Besitzer der manipulierten Autos deshalb aber Schadensersatzansprüche durchsetzen. Schließlich konnten die betroffenen Fahrzeughalter zum Kaufzeitpunkt nicht von diesen Manipulationen und den damit verbundenen Folgen wissen. Wäre dies der Fall gewesen, wäre der Kauf wohl gar nicht oder zumindest nicht zu denselben Konditionen zustande gekommen.

Risikofreie Rechtsdurchsetzung ist möglich

Die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihr Auto an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die im Normalfall über dem aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs liegt. Alternativ ist es aber auch möglich, das manipulierte Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teils des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision.

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