14.
Sep 2022

VW könnte bald wegen weiterer Manipulation höchstrichterlich verurteilt werden

Die Manipulation des VW-Dieselmotors EA189 ging als einer der größten Wirtschaftsskandale in die Geschichte ein. Allein in Deutschland sind rund 2,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge von dem Betrugsfall betroffen. Im Mai 2020 entschieden die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) deshalb, dass die Halter dieser Autos Anspruch auf Schadensersatz haben. Nun könnte zeitnah ein weiteres verbraucherfreundliches Grundsatzurteil in Bezug auf einen anderen VW-Motor verkündet werden.

Das sind die Hintergründe des BGH-Verfahrens

Am 21. November 2022 befassen sich die BGH-Richter mit der Klage eines Mannes, der seinen manipulierten VW Passat an Volkswagen zurückgeben möchte, um im Gegenzug Schadensersatz zu erhalten. Dass sich der BGH überhaupt mit der Thematik auseinandersetzen muss, hat vor allem einen Grund: Der Passat enthält nicht den nachweislich manipulierten Diesel-Motor des Typs EA189, sondern dessen Nachfolger – den EA288.

Der EA288-Motor wurde seit 2012 in diversen Fahrzeugen von Volkswagen sowie dessen Tochterunternehmen Audi, Skoda und Seat verbaut. Zwar versicherte VW nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals im Jahr 2015, dass der EA288 nicht von der Betrugsaffäre betroffen sei. Doch mittlerweile ergaben zahlreiche unabhängige Abgastests, dass auch Fahrzeuge mit dem EA288-Motor die vorgeschriebenen Umweltregularien nur auf dem Prüfstand einhalten, während sie im Normalbetrieb unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen.

Schadensersatz trotz ausbleibendem Rückruf?

Auch der Passat-Besitzer gibt an, dass in seinem Fahrzeug eine temperaturabhängige Abschalteinrichtung und eine Fahrkurvenerkennung verbaut wurden. Dadurch überschreitet der Passat im Normalbetrieb die vorgeschriebenen Schadstoff-Grenzwerte. Folglich hätte das Auto daher nie die Typengenehmigung erhalten dürfen. Dennoch wurde der Mittelklassewagen bislang noch nicht von dem deutschen Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zurückgerufen.

Wegen des ausbleibenden Rückrufs wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg die Klage im September 2021 ab. Das Gericht argumentierte, dass der Kläger sich dementsprechend nicht darauf stützen könne, dass sein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei. Nun müssen die Richter am Bundesgerichtshof endgültig klären, ob der PKW-Besitzer Anspruch auf Schadensersatz hat.

BGH wartet auf wegweisende EuGH-Entscheidung

Dass die BGH-Richter trotz der vorinstanzlichen Entscheidung ein verbraucherfreundliches Urteil verkünden werden, ist nicht unwahrscheinlich. Seit der Verkündung des OLG-Urteils gab es nämlich vor allem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) Signale, die dem Kläger helfen könnten. Die EuGH-Richter entschieden vor wenigen Wochen unter anderem, dass temperaturgesteuerte Abschalteinrichtungen definitiv unzulässig sind. Darüber hinaus wird vor der BGH-Verhandlung noch ein weiteres relevantes EuGH-Urteil erwartet.

In den kommenden Wochen werden die EuGH-Richter nämlich entscheiden, ob es für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal nötig ist, dem verantwortlichen Hersteller eine sittenwidrige Schädigung nachzuweisen. Dies hatte der BGH in Deutschland in der Vergangenheit zur Voraussetzung für erfolgreiche Abgasskandal-Klagen gemacht.

Vom EuGH kamen jedoch schon Signale, dass auch eine fahrlässige Schädigung ausreicht, um einen Entschädigungsanspruch zu rechtfertigen. Das würde die Rechtsdurchsetzung von betroffenen Fahrzeughaltern künftig deutlich vereinfachen. Auch die BGH-Richter haben bereits angekündigt, dass sie sich im Rahmen der Verhandlung im November auf das bis dahin erwartete EuGH-Urteil berufen werden. Von einem positiven Grundsatzurteil würde nicht nur der Kläger, sondern auch Hunderttausende weitere Fahrzeughalter mit demselben Motor profitieren.

Die bestehenden Rechtsansprüche im Abgasskandal

Die Halter von manipulierten Autos haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge an den verantwortlichen Hersteller zurückzugeben. Im Gegenzug winkt eine finanzielle Entschädigung, die sich an dem ursprünglichen Kaufpreis orientiert. Alternativ ist es auch möglich, das jeweilige Fahrzeug zu behalten und eine Entschädigung in Höhe eines Teilbetrages des Kaufpreises durchzusetzen. Dadurch soll der Wertverlust, der durch den Abgasskandal entstanden ist, kompensiert werden.

Abgasskandal-Klagen sind in vielen Fällen ohne finanzielles Risiko möglich. Wer nicht rechtsschutzversichert ist, kann in der Regel auf die Dienste eines Prozesskostenfinanzierers zugreifen. Dieser übernimmt die vollen Verfahrenskosten und bezieht lediglich im Erfolgsfall einer Klage eine vorab definierte Provision. Die Kanzlei Goldenstein berät betroffene Fahrzeughalter kostenfrei bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten in der Sache.

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